Dies ist die erste umfassende Novelle des UrhG seit 2003. Im Kern bringt sie die gesetzliche Lösung der Diskussion um die „Festplattenabgabe“; die neue Bezeichnung laut „Speichermedienvergütung“. Eine ausführliche Zusammenfassung ist hier abrufbar.
Speichermedienvergütung (§ 42b UrhG)
Der technikneutrale Begriff „Speichermedienvergütung“ soll die elektronischen, magnetischen und optischen Speicher umfassen. Nicht erfasst werden Speicher, „die in Geräte integriert sind, mit denen keine Aufnahmen geschützter Werke vorgenommen werden“ (zB Kühlschränke, Kraftfahrzeuge und Waschmaschinen) sowie in Fotoapparate integrierte Speichermedien (ErläutRV zur Urh-Nov 2015 687 BlgNR 25. GP 8). In Zukunft für die Vergütungsverpflichtigkeit auch gleichgültig, ob Speichermedien entgeltlich in Verkehr gelangt sind (zB USB-Sticks als Wahlgeschenke).
Es wurden Deckelungen normiert, wonach die Vergütung 6% des typischen Preisniveaus für Speichermedien und 11% für Geräte nicht übersteigen soll. Ein Überschreiten dieser Grenze ist jedoch zulässig, wenn aufgrund empirischer Nachweise eine fast ausschließliche Nutzung eines Geräts und eines Speichermediums nachgewiesen wird. Eine zusätzliche Deckelung erfolgt durch den Gesamtbetrag, sollen doch die Einnahmen aus der Speichermedien- und der Reprographievergütung in den Jahren 2016 bis 2019 insgesamt jeweils „den Richtwert von 29 Millionen Euro vor Abzug der Rückerstattungen“ nicht übersteigen (§ 116 Abs 11 UrhG).
Verpflichtete: Wie bisher haften für die Speichermedien- und die Gerätevergütung die Personen, welche die Speichermedien oder das Vervielfältigungsgerät gewerbsmäßig in Verkehr bringen oder feilhalten, wie ein Bürge und Zahler. Die Ausnahmeregelung wurde geändert: Freigestellt werden Personen, die im Halbjahr Speichermedien mit nicht mehr als 10.000 Stunden Spieldauer vertreiben und Kleinunternehmer iSd UStG 1994.
Rückersatz: Kann ein Zahlungspflichtiger glaubhaft machen, dass die Speichermedien nicht zum eigenen oder privaten Gebrauch verwendet werden, besteht kein Vergütungsanspruch. Für die Geltendmachung von Rückersatzansprüchen bzw Befreiungen von der Zahlungspflicht hat die Verwertungsgesellschaft auf ihrer Website einen einfachen, verständlichen und für den durchschnittlichen Nutzer nachvollziehbaren Weg anzubieten.
In Rechnungen über die Veräußerung von Geräten und Speichermedien ist auf die Vergütung hinzuweisen; dies soll die Durchsetzung des Rückersatzanspruchs erleichtern. Für die Speichermedienvergütung wurde auch eine Meldepflicht normiert (§ 90a Abs 1 UrhG).
Weitere Änderungen
Zahlreiche weitere Regelungen wurden auch geändert oder neu normiert, wobei idR die entsprechende Norm des deutschen Urheberrechts die Vorlage bildete. Nicht umgesetzt wurde jedoch das sehr umstrittene Leistungsschutzrecht für Hersteller von Zeitungen oder Zeitschriften.
Urhebervertragsrecht
Rechte am Filmwerk (§ 38 UrhG): Seit der Entscheidung EuGH 9. 2. 2012, C-277/10, Luksan, war die Neuregelung des § 38 UrhG in Diskussion. Erwartungsgemäß wurde die Rechteübertragung als Zweifelsregelung normiert. Somit räumt der Filmurheber mit dem Vertrag über die Schaffung des Filmwerks dem Hersteller im Zweifel das ausschließliche Recht ein, das Filmwerk auf alle Nutzungsarten zu nutzen.
Zweitverwertung wissenschaftlicher Beiträge (§ 37a UrhG): Nach deutschem Vorbild ermöglicht es der neue § 37a UrhG Angehörigen des wissenschaftlichen Personals von mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungseinrichtungen, die in Periodika einen Beitrag veröffentlichen, eben diesen Beitrag nach Ablauf von 12 Monaten zur Verfügung zu stellen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient.
Freie Werknutzungen
Vervielfältigung zum eigenen Schul- und Lehrgebrauch (§ 42 Abs 6 UrhG): Schon bisher durften Schulen und Universitäten für Zwecke des Unterrichts bzw der Lehre in dem dadurch gerechtfertigten Umfang Vervielfältigungsstücke in der für eine bestimmte Schulklasse bzw Lehrveranstaltung erforderlichen Anzahl herstellen und verbreiten. Die Gruppe wird nun um „andere Bildungseinrichtungen“ ergänzt, wodurch auch tertiäre Bildungseinrichtungen (zB Fachhochschulen) und der Erwachsenenbildung (zB Volkhochschulen) privilegiert werden.
Digitalisierungen, Kopienversand ua (§ 42 Abs 7 UrhG): Der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen, die Werke sammeln (insbesondere Bibliotheken, Museen und Archive), dürfen auf Bestellung unentgeltlich oder gegen ein die Kosten nicht übersteigendes Entgelt Vervielfältigungsstücke auf beliebigen Trägern zum eigenen Schulgebrauch oder zum eigenen bzw privaten Gebrauch für Zwecke der Forschung herstellen.
Legale Quellen für Kopien (§ 42 Abs 5 UrhG): Vervielfältigungen zum eigenen oder privaten Gebrauch sollen nunmehr nicht nur unzulässig sein, wenn sie in weiterer Folge zur Verfügung gestellt werden, sondern auch wenn „eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird“. Damit soll der Download aus illegaler Quelle künftig ohne jeden Zweifel rechtswidrig sein.
Menschen mit Behinderung (§ 42d UrhG): Für Menschen mit Behinderung soll die freie Werknutzung nicht nur die Vervielfältigung und die Verbreitung, sondern auch die Zurverfügungstellung umfassen. Privilegiert werden im Wesentlichen Zurverfügungstellungen durch gemeinnützige, staatlich anerkannte einschlägige Organisationen, die auch sicherzustellen haben, dass ihre Dienste nur Menschen mit Behinderung zugutekommen und unbefugter Gebrauch unterbunden wird. Für die Nutzungen besteht ein verwertungsgesellschaftenpflichtiger Vergütungsanspruch.
Unwesentliches Beiwerk (§ 42ef UrhG): Diese neue Bestimmung ermöglicht die Nutzung von Werken, die „nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum eigentlichen Gegenstand der Verwertungshandlung genutzt werden“. Das ist zB der Fall, wenn das beiläufige Werk unbeabsichtigt bei Fotografieren einbezogen wurde.
Zitate (§ 42f UrhG): Das Zitatrecht wurde großzügiger und werkkategorien-übergreifend geregelt, nachdem die bisher sehr kasuistischen Zitatregelungen nach Werkkategorien aufgeteilt waren. Die allgemeine Regel ermöglicht eine Nutzung veröffentlichter Werke, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Die bisherigen verstreuten Regelungen zum wissenschaftlichen Großzitat bzw zum kleinen Zitat werden nunmehr als Beispiele im Rahmen einer demonstrativen Aufzählung gebündelt.
Öffentliche Zurverfügungstellung für Unterricht und Lehre (§ 42g UrhG): Die freie Werknutzung zum eigenen Schulgebrauch war bisher auf Vervielfältigung und physische Verbreitung von Vervielfältigungsstücken für Klassen oder Lehrveranstaltungen beschränkt, nun wurde sie nun um das Zurverfügungstellungsrecht (zB E-Learning-Plattformen) erweitert. Der Zugriff darf aber nur durch die Teilnehmer an Unterricht und Lehre und nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgen. Ausgenommen sind Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind. Es besteht ein verwertungsgesellschaftenpflichtiger Vergütungsanspruch.
Schulbücher und Prüfungsaufgaben (§ 59c UrhG): Die freie Werknutzung für einzelne Sprachwerke, Werke der Tonkunst und Werke der bildenden Künste zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch wurde wegen der Zentralmatura um „Prüfungsaufgaben“ erweitert.
Urheberregister (§ 61 ff UrhG): Dem kaum bekannten Urheberregister wurde die Rechtsgrundlage (und die Existenz) entzogen.
Leistungsschutzrechte ausübender Künstler und Veranstalter (§§ 66 ff UrhG): Die Bestimmungen für ausübende Künstler und Veranstalter wurden legistisch völlig überarbeitet, wobei jedoch die Rechtslage sehr weitgehend erhalten wurde.
Einen ausführlichen Beitrag zur Urh-Nov 2015 können Sie in der ÖBl Heft 5/2015 lesen.
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