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Editorial und Inhalt

ÖBl [2022] 5 Seiten 189 - 236

[EDITORIAL] von Reinhard Hinger
"UPC und NDA, LQJ und TQJ"


Inhalt [.pdf]

UPC und NDA, LQJ und TQJ

Unterzeichnet am 19. 2. 2013, vom österr NR genehmigt am 6. 7. 2013,[1] lag das Übk über ein Einheitliches Patentgericht aus bekannten Gründen lange auf Eis: Brexit; missglückte erste Ratifizierung durch den dt Bundestag.[2]

Im Juni 2016 wurde ich als österr Mitglied des Advisory Committee[3] nach Art 14 des Übk nominiert – angesichts des Abs 2 leg cit ein Angebot, das man nicht ablehnt. Danach geriet dies fast in Vergessenheit und der knappe Schriftverkehr „in Verstoß“, bis der Februar 2022 kam.

Nach einer Vorbesprechung beschloss das Administrative Committee am 22. 2. 2022 die Zusammensetzung des Advisory Committee, das am 24. 2. 2022 – zum Teil nur per Video – zur ersten Sitzung zusammentrat.[4] Zum Vorsitzenden wurde Willem Hoyng gewählt, ein niederländischer Patentanwalt, zu seiner Stellvertreterin Sylvie Mandel, eine ehemalige Richterin aus Frankreich. Vorher mussten alle schriftlich erklären, dass wir von niemandem Anweisungen entgegennehmen werden, va weder von der eigenen noch von einer anderen Regierung. Die nächste feierliche Erklärung, ein NDA[5], war darauf gerichtet, den Inhalt der short list der Bewerber: innen geheim zu halten, die ein dafür eingerichtetes provisorisches Gremium in den Jahren davor in einem Aktenverfahren auf die Länge von ungefähr 150 Personen „eingedampft“ hatte, uzw getrennt nach legally qualified judges und technically qualified judges, im Jargon: LQJ und TQJ.

Die erste und wichtigste Aufgabe des Advisory Committee war, dem Administrative Committee einen – der österr Diktion folgend – Besetzungsvorschlag zu machen. Da alle verbliebenen Bewerber:innen interviewt werden sollten, was aber im Plenum in vernünftiger Zeit unmöglich gewesen wäre, wurden „Panels“ von drei Mitgliedern gebildet, uzw danach, wer so kurzfristig wann Zeit hatte, an einen Ort der Hearings zu reisen, die in Luxemburg, München und Paris stattfanden. Von Mitte März bis Mitte Mai fanden diese Hearings statt, jeweils fünf Kandidat:innen an einem Tag. Auch die Bewerber:innen mussten ein feierliches NDA unterschreiben, wonach sie den Ablauf des Hearings geheim halten werden. Noch im Mai trat das Advisory Committee – nun erstmals persönlich – in Amsterdam zusammen, um den Besetzungsvorschlag zu beschließen. Das Administrative Committee hat inzwischen allen zum Zug kommenden Bewerber:innen eine Frist gesetzt, um sich zu erklären, ob sie die Ernennung annehmen. Bei der Verfassung dieses Editorials steht somit die Richterbank noch nicht fest; es wird dem Administrative Committee vorbehalten sein, passend scheinende Informationen zu verkünden.

Ungewiss ist derzeit noch vieles, va wann das Gericht seine Arbeit aufnimmt und ob und in welchem Ausmaß das Publikum für „Einlauf“ sorgen wird. Hoffend, kein NDA gebrochen zu haben, verbleibt Ihr

Reinhard Hinger



[1] StenProt 24. GP 216. Sitzung 332 f.

[2] Siehe dazu dt BVerfG, 2 BvR 739/17.

[3] Da die Umgangssprache in den Gremien fast ausschließlich Englisch ist, finden sich hier die Begriffe der englischen Fassung des Übk.

[4] Das Gremium hat 13 Mitglieder (aus Österreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und Slowenien); hinzu kommen 4 Ersatzmitglieder (Bulgarien, Frankreich, Deutschland, die Niederlande); 6 Frauen und 11 Männer.

[5] Non-disclosure agreement.

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