Die heutige, mit Spannung erwartete Entscheidung des EuGH zur Zulässigkeit einer weiteren, internationalen Fußballliga berührt das EU-Wettbewerbsrecht und die Dienstleistungsfreiheit.
Laut der englischen Pressemitteilung des EuGH, abrufbar unter The FIFA and UEFA rules on prior approval of interclub football competitions, such as the Super League, are contrary to EU law (europa.eu) (das Urteil liegt im Original derzeit nur auf Spanisch und Französisch vor), sind die Vorschriften der UEFA und der FIFA betreffend deren vorherige Zustimmung zur – von mehreren Spitzenklubs beabsichtigten – Gründung einer Super League geeignet, gegen das EU-Wettbewerbsrecht und den freien Dienstleistungsverkehr zu verstoßen. Die Verpflichtung, jedes neue vereinsübergreifende Fußballprojekt prüfen zu lassen sowie das Verbot für Vereine und Spieler, an nicht genehmigten Wettbewerben teilzunehmen, können als rechtswidrig angesehen werden, sofern es keinen Rahmen gibt, der dies durch materiell-rechtliche Kriterien und Verfahrensvorschriften begrenzt, die transparent, objektiv, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig sind. Auch die Regeln, die der FIFA und der UEFA die ausschließliche Kontrolle über die kommerzielle Verwertung der mit solchen Wettbewerben verbundenen Rechte einräumen würden, sind angesichts ihrer Bedeutung für die Medien, Verbraucher und Fernsehzuschauer in der Europäischen Union wettbewerbsbeschränkend.
Eine Gruppe von ursprünglich 12 europäischen Fußballvereinen (Manchester United, Manchester City, FC Liverpool, FC Chelsea, FC Arsenal, Tottenham Hotspur, Juventus Turin, AC Mailand, Inter Mailand, FC Barcelona, Real Madrid, Atletico Madrid) wollte über das spanische Unternehmen European Superleague Company ein neues Fußballwettbewerbsprojekt ins Leben rufen. Die FIFA und die UEFA lehnten das Projekt ab und drohten mit Sanktionen gegen Vereine und Spieler, die daran teilnehmen würden. Die European Superleague Company erhob daraufhin Klage gegen die FIFA und die UEFA vor dem Handelsgericht Madrid mit der Begründung, dass deren Vorschriften über die Genehmigung von Wettbewerben und die Verwertung von Medienrechten im Zusammenhang damit gegen das EU-Recht verstießen. Das spanische Gericht legte – insbesondere wegen der bestehenden Monopolstellung der UEFA bzw FIFA in diesem Bereich – den Sachverhalt dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH stellte in seinem Urteil vom 21.12.2023, C-333/21 – European Super League, zunächst fest, dass die Veranstaltung von Fußballwettbewerben zwischen Vereinen und die Verwertung der Medienrechte wirtschaftliche Tätigkeiten sind und daher sowohl die Wettbewerbsregeln eingehalten werden müssten, als auch die Dienstleistungsfreiheit zu beachten sei, selbst wenn die wirtschaftliche Ausübung dieses Sports einige Besonderheiten aufweise, wie eben die Existenz von Verbänden, die über bestimmte Regulierungs- und Kontrollbefugnisse verfügten und Sanktionen verhängen können. Der Gerichtshof wies darauf hin, dass die FIFA und die UEFA parallel zu diesen Befugnissen selbst Fußballwettbewerbe organisierten.
Was mögliche Verstöße gegen das EU-Wettbewerbsrecht bzw -Kartellrecht anbelangt, so beantwortete der EuGH die an ihn gerichteten Vorlagefragen im Wesentlichen dahingehend (derzeit liegt noch keine amtliche, deutsche Übersetzung des Urteils vor), dass es sowohl gegen Art 101 AEUV (Kartellverbot) als auch gegen Art 102 AEUV (Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung) verstößt, wenn Verbände, die auf europäischer bzw internationaler Ebene für den Fußball zuständig seien und gleichzeitig verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit Fußballbewerben ausübten, Regelungen erlassen und anwenden, welche die Gründung eines neuen internationalen Fußballbewerbs von ihrer vorherigen Genehmigung abhängig machen und die Teilnahme von Vereinen und Spielern daran unter Androhung von Sanktionen verhindern, ohne dass dies durch materiell-rechtliche Kriterien und transparente, objektive, nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Verfahrensvorschriften begrenzt ist. Auch der Vorbehalt einer ausschließlichen Verwertung von Medienrechten durch die UEFA und die FIFA verstoße gegen das EU-Wettbewerbsrecht es sei denn, es werde durch überzeugende Argumente und Beweise nachgewiesen, dass alle Voraussetzungen für deren Zulässigkeit erfüllt sind.
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