Der EuGH hat jüngst entschieden, dass auch „enge“ Bestpreisklauseln, bei denen die Hotels nur auf ihrer Website keine günstigeren Zimmerpreise als auf der Buchungsplattform anbieten dürfen, grundsätzlich unzulässig sind.
Mit der UWG-Novelle 2016 wurde durch den österreichischen Gesetzgeber im Anhang zum UWG ein generelles Bestpreisklausel-Verbot für Hotelbuchungsplattformen eingeführt. So gilt gemäß Ziffer 32 Anhang zum UWG folgendes Verhalten in jedem Fall als unlautere, aggressive Geschäftspraktik im Sinne des § 1a UWG: Das Verlangen eines Betreibers einer Buchungsplattform gegenüber einem Beherbergungsunternehmen, dass dieses auf anderen Vertriebswegen inklusive seiner eigenen Website keinen günstigeren Preis oder keine anderen günstigeren Bedingungen als auf der Buchungsplattform anbieten darf. Nach § 1a Abs 4 zweiter Satz UWG sind Vereinbarungen darüber absolut nichtig.
Da Bestpreisklauseln zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führen, ist hier allgemein auch das Kartellverbot relevant (§ 1 Abs 1 KartG bzw Art 101 Abs 1 AEUV). Es war allerdings fraglich, ob das Kartellverbot nur für sogenannte „weite“ Paritätsklauseln gilt, welche die Hotels verpflichten, (auch) auf anderen Plattformen keine günstigeren Preise anzubieten, oder auch für „enge“ Preisparitätsklauseln, wo den Hotels seitens der Online-Plattform „nur“ untersagt wird, auf ihrer eigenen Website keine niedrigeren Preise für die Zimmer zu verlangen.
Nun hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 19.9.2024 zur Geschäftszahl C-264/23 betreffend die Buchungsplattform booking.com entschieden, dass das Kartellverbot (Art 101 Abs 1 AEUV) grundsätzlich sowohl für weite als auch für enge Bestpreisklauseln zwischen großen Hotelbuchungsplattformen und den Hotels gilt. So stellen diese Klauseln – entgegen dem Vorbringen von booking.com – keine zulässigen Nebenabreden dar, weil sie nicht erforderlich sind, um die wirtschaftliche Stabilität der Plattformen zu gewährleisten. Nach dieser Entscheidung des EuGH widersprechen somit auch Klauseln, die es den Hotels (lediglich) untersagen, Zimmer über ihre eigenen Kanäle bzw auf ihrer Website günstiger anzubieten, grundsätzlich dem Kartellverbot.
Ausnahmsweise könnte hier eine Einzelfreistellung in Betracht kommen oder – was bei booking.com wohl nicht der Fall ist – bei einem Marktanteil von nicht mehr als 30 % mit einer möglichen Freistellung nach der Vertikal-GruppenfreistellungsVO argumentiert werden. Dabei wird allerdings zu beachten sein, dass booking.com am 13.5.2024 von der EU-Kommission zum „Torwächter“ im Sinne des DMA (Digital Marktes Act) erklärt wurde und solche Unternehmen gemäß Art 5 Abs 3 DMA „gewerbliche Nutzer nicht daran hindern dürfen, Endnutzern dieselben Produkte oder Dienstleistungen über Online-Vermittlungsdienste Dritter oder über ihre eigenen direkten Online-Vertriebskanäle zu anderen Preisen oder Bedingungen anzubieten als über die Online-Vermittlungsdienste des Torwächters“.
Insgesamt ergibt sich somit, dass sowohl nach nationalem österreichischen Recht als auch nach Unionsrecht ein Hotelbetreiber, dem von einer Buchungsplattform wie booking.com die vertragliche Verpflichtung auferlegt wird, seine Zimmer auf seiner Website nicht günstiger anzubieten wie auf der Buchungsplattform, gute Chancen hat, sich auf die Nichtigkeit dieser Vertragsklausel zu berufen.
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