Der Oberste Gerichtshof (OGH – Website www.ogh.gv.at) prägt maßgeblich das Lauterkeitsrecht insbesondere im Bereich der irreführenden Geschäftspraktiken. Im konkreten Fall hat er sich ausführlich mit den Grundlagen und Grenzen der Werbung mit einer umfassenden Bestpreisgarantie beschäftigt (MMag. Georgina Schenner, Juristin beim Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb).
Ab Oktober 2010 warb eine der größten österreichischen Supermarktketten mit einer neuen „Bestpreisgarantie“, die die (Vorteilsclub-)Mitglieder exklusiv genießen können. In wöchentlichen Flugblättern an fast alle österreichische Haushalte (Auflage: drei Millionen), im Fernsehen und Internet, in Zeitungsinseraten und auf Straßenplakaten wurde diese Bestpreisgarantie angekündigt und darüber informiert, dass die Preise der Konkurrenz durch eigene Mitarbeiter kontrolliert werden. Jedoch konnten die Kunden nur in einigen Werbemitteln nähere Aktionsbedingungen erfahren.
So erfuhr der interessierte Kunde nur in den Flugblättern Entscheidendes wie etwa die Bedingung, dass sich die Bestpreisgarantie auf gekennzeichnete Markenartikel und Verkaufspreise in den österreichischen Filialen der Kette im Vergleich zu den allgemein gültigen Verkaufspreisen von 21 namentlich genannten Mitbewerbern bezieht. Auch nur aus manchen Werbemitteln wurden Ausnahmen und Präzisierungen ersichtlich: „Onlineangebote, Eröffnungsangebote, Abverkaufsangebote, regionale Angebote sowie Mitbewerberangebote, die einem sehr eingeschränkten Kundenkreis zugeordnet sind. Die Bestpreis-Garantie bezieht sich auf österreichweit gültige Preise, gleiche Markenartikel und gleiche Packungsgrößen.“ Überdies wurde nicht nur umgehende Preisanpassung des Lebensmittelhändlers bei Preissenkungen der Konkurrenz für eines von über 400 Markenprodukten angekündigt, sondern auch bei entsprechendem Nachweis die am selben Tag noch bestehende Differenz zum günstigeren Konkurrenzangebot ausbezahlt.
Ein großer Mitbewerber konnte vor Gericht nachweisen, dass in einzelnen Fällen gegen die beworbene Bestpreisgarantie und somit gegen § 2 UWG verstoßen wurde, da zahlreiche Markenartikel teurer als bei Mitbewerbern waren. Unter den bescheinigten Fällen waren auch Preisdifferenzen, die sich aus Mehrmengenangeboten und Gutscheinaktionen von Konkurrenten ergaben. Der Oberste Gerichtshof hatte sich letztlich mit diesem Fall und insbesondere der Frage nach dem Umfang (sind Mehrmengen- und Gutscheinangebote in der Bestpreisgarantie zu berücksichtigen?) und der Qualität (sind vereinzelte Fehler in Hinblick auf die Gesamtmenge an Artikel zu garantiert besten Preisen irreführend?) zu befassen.
Der OGH stellte in dieser Entscheidung 4 Ob 76/11x vom 5.7.2011 mehrere Aspekte klar. Zunächst bleibt zwar unbestritten, dass die beworbene Bestpreisgarantie nur für Vorteilsclub-Mitglieder gilt und sich auf die österreichweit gültigen Preise von 400 Markenartikeln von 21 wesentlichen Mitbewerbern bezieht. Allerdings konnten nicht unerhebliche Teile der Verkehrskreise von den Einschränkungen keine Kenntnis erlangen. Daher waren diese nur auf manchen Werbemitteln angeführten Einschränkungen der Auslegung des Begriffs „Bestpreisgarantie“ nicht zugrunde zu legen.
Bei einer Bestpreisgarantie erwartet das Publikum tatsächlich den im Vergleich zur Konkurrenz bekannten niedrigsten Preis. Der OGH hielt aber präzisierend fest, dass eine ganz allgemeine Bestpreisgarantie nur an österreichweit gültigen Preisen zu messen ist, die Mitbewerber bei Ladenkäufen im regulären Geschäftsbetrieb außerhalb von Sonderaktionen anlässlich von Geschäftseröffnungen oder Geschäftsschließungen verlangen. Dem verständigen Durchschnittsverbraucher sei durchaus bewusst, dass singuläre Sonderaktionen von Mitbewerbern oder Preise im Online-Vertrieb nicht berücksichtigt werden.
In der früheren Entscheidung „Elektrogeräte-Bestpreisgarantie“ (4 Ob 398/83) wurde befunden, dass unter den jeweils niedrigsten Preisen nicht die Preise außergewöhnlicher, zeitlich, örtlich und oft auch nach der Abgabemenge beschränkter Sonderaktionen, sondern die niedrigsten, allgemein geforderten Preise (Normalpreise) zu verstehen seien. Nun legte der OGH allerdings dar, dass sich das Publikumsverständnis aufgrund veränderter Marktgepflogenheiten inzwischen teilweise geändert hat. Mehrmengenangebote (der Stückpreis eines Produkts ist bei Abnahme von mehr als einem Stück günstiger als der Normalpreis) kommen nunmehr im Lebensmitteleinzelhandel regelmäßig und verbreitet vor. Daher erwarte sich der Durchschnittsverbraucher von einer Bestpreisgarantie, dass bei gleicher Packungsgröße auch der im Rahmen von Mehrmengenangeboten von Mitbewerbern verlangte Preis umfasst ist, wenn die entsprechende Stückzahl gekauft wird.
Ebenso verhält es sich laut OGH bei Gutscheinangeboten (bei Vorlage eines Gutscheins werden Produkte zu einem günstigeren Preis abgegeben), die in der Lebensmittelbranche regelmäßig vorkommen und die von den Durchschnittsverbrauchern von einer Bestpreisgarantie als erfasst erwartet werden. Bedingungen für die Berücksichtigung von Gutscheinaktionen seien die österreichweite Aktion sowie die leichte Verfügbarkeit für die Kunden insbesondere durch Auflegen in den Filialen.
Ein weiterer Aspekt der höchstgerichtlichen Entscheidung war die Frage, ob die minimale, aber doch vorhandene Fehlerquote eine Irreführungseignung nach § 2 UWG begründet. Konkret waren sieben Fälle von 9.407 Preisfestsetzungen dokumentiert, in denen die Bestpreisgarantie nicht erfüllt wurde. Dazu führte der OGH konsequent aus, dass gegen § 2 UWG verstoßen werde, wenn eine Angabe geeignet ist, den Kaufentschluss zu beeinflussen, was voraussetzt, dass der Geschäftsverkehr eine Angabe als wesentlich ansieht und diese unrichtige Behauptung das Gefühl, getäuscht worden zu sein bewirkt. Der Kaufpreis ist unzweifelhaft eines der wesentlichsten Auswahlkriterien des Verbrauchers.
Eine „Bestpreisgarantie“ hat überdies eine besondere Suggestivwirkung, weil sie damit eine Spitzenstellung behauptet und bei Verbrauchern den Anschein erweckt, kein Mitbewerber verkaufe bestimmte Artikel günstiger. Der Durchschnittsverbraucher wird einen Preisvergleich bei der Konkurrenz im Vertrauern auf die angekündigte Bestpreisgarantie von vornherein unterlassen. Er darf annehmen, dass auch auf kurzfristige Aktionen von Mitbewerbern reagiert wird und die eigenen Bestpreise umfassend und lückenlos angepasst werden. Die Ankündigung einer Bestpreisgarantie ist daher geeignet, die Auswahlentscheidung und den Kaufentschluss zu beeinflussen, wenn die Bestpreisgarantie auch nur in Einzelfällen nicht zutrifft. Fehlerhafte Bestpreisankündigungen sind folglich irreführend nach § 2 UWG.
Damit wurden vom OGH klare Richtlinien für österreichweite gültige Bestpreis-Behauptungen im Lebensmitteleinzelhandel festgelegt. Mehrmengen und Gutscheine sind demnach in Bestpreisgarantien zu berücksichtigen, während bei einem österreichweiten Verkauf in allen Filialen Sonderangebote anlässlich von singulären Ereignissen (Geschäftseröffnungen/-schließungen), im Online-Handel und bei regionalen Preisangeboten ausgenommen sein können. Schließlich wurde vom OGH ein sehr strenger Maßstab für die Akzeptanz von Fehlern in der Bestpreisgarantie angesetzt.
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