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OGH-Entscheidung zu Hyperlinks im Internet („123people.at“)07.05.2012

Zusammenfassung der Entscheidung des OGH vom 20.9.2011, 4 Ob 105/11m durch Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Manfred Büchele, Institut für Unternehmens- und Steuerrecht, Universität Innsbruck

Sachverhalt

Die Meta-Suchmaschine 123people.at ist spezialisiert auf die Suche nach Personendaten und Lichtbildern von Personen. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Suchmaschinen durchsucht 123people.at keine einzelnen Websites, sondern ihre Suchergebnisse setzen sich aus den Rückmeldungen von anderen Suchmaschinen und sozialen Netzwerken zusammen. Dem Browser des anfragenden Nutzers werden nur (Original-)Fundstellen in Form von Internetadressen übermittelt, aus denen der Browser verkleinerte Vorschaubilder generiert. Abgesehen von den Lichtbildern fragt der Browser des Nutzers von der ursprünglichen Fundstelle keine weiteren Informationen ab – so auch keine Urheberbezeichnung und keinen Herstellervermerk – und kann diese daher auch nicht am Bildschirm darstellen.

Entscheidung

Der OGH stellt klar, dass Links auf öffentlich zur Verfügung gestellte Inhalte keinerlei urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung verwirklichen. Links als solche erleichtern lediglich die Zugriffsmöglichkeiten im Internet, ohne selbst zu vervielfältigen (§ 15 UrhG) und ohne eine öffentliche Zurverfügungstellung (§ 18a UrhG) herbeizuführen.

Im Hinblick auf die öffentliche Zurverfügungstellung greift der OGH auf einen Teil der Argumentation des BGH in der Entscheidung Session-ID zurück, wonach ein Linksetzer das dem Urheber vorbehaltene Zurverfügungstellungsrecht des § 18a UrhG nicht verletzt, wenn er dabei keine technischen Schutzmaßnahmen des Berechtigten umgeht. Den dogmatischen Umweg (vgl BGH Vorschaubilder I und II), wonach ein Urheber, der ein Lichtbild ins Internet stellt, damit seine schlüssige Einwilligung zur öffentlichen Zurverfügungstellung erteilt, geht der OGH nicht.

Da 123people.at die verlinkten Lichtbilder nicht einmal (zwischen-)speichert, liegt auch kein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des § 15 UrhG vor – die freie Werknutzung der flüchtigen und begleitenden Vervielfältigungen (§ 41a UrhG) muss dazu gar nicht erst nutzbar gemacht werden. Die vom Computer des Nutzers angezeigten Vorschaubilder einer Vervielfältigungshandlung von 123people.at gleichzuhalten, erscheint in der Tat nicht angezeigt. Im Grunde genommen gilt es ja „nur“ die urheberrechtliche Qualität eines Links zu beurteilen, der als solcher aber nun einmal keine Vervielfältigung iSd § 15 UrhG ist.

Weiterhin erkennt der OGH zu Recht, dass die vom Browser des Nutzers auf Veranlassung von 123people.at verkleinert dargestellten Vorschaubilder keine Bearbeitungen iSd § 5 UrhG sind. Zum einen ist die (Anweisung zur) Wiedergabe eines verkleinerten Originals eine bloße Umgestaltung bzw Veränderung, der idR keinerlei eigentümlicher Schöpfungscharakter innewohnt. Zum anderen überwinden von einer Software zusammengestellte Vorschaubilder nicht die Schwelle der „Geistigkeit“ iSd § 1 UrhG, die für sämtliches Werkschaffen im Urheberrecht ieS gilt; ohne ein Mindestmaß an gestaltender menschlicher Tätigkeit entstehen dementsprechend auch keine Werkschöpfungen, deren Verwertung rechtsverletzend wirken könnte.

Aber Vorsicht: Natürlich können auch Verwertungshandlungen, die Schaffensleistungen ohne Werkcharakter betreffen, die dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechte verletzen – solange die Nicht-Werke (wie hier) andere urheberrechtlich geschützte Werke (hier: Original-Lichtbilder) in sich tragen. Mit anderen Worten: Sowohl die Verwertung einer Bearbeitung iSd § 5 iVm § 14 Abs 2 UrhG wie auch die Verwertung einer bloßen Umgestaltung bzw Veränderung (= Nicht-Werk) können in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte des Berechtigten eingreifen. Rechte des Urhebers werden freilich nur dann verletzt, wenn eine urheberrechtliche Verwertung iSd §§ 14-18a UrhG erfolgt, uzw ganz unabhängig davon, ob die „Bearbeitung“ Werkcharakter genießt oder nicht.

Das Namensnennungsrecht des einfachen Lichtbildherstellers nach § 74 Abs 3 S 1 UrhG ist am selben Maßstab zu messen. Die Meta-Suchmaschine 123people.at verwertet nicht, insb vervielfältigt sie keine (Original-)Lichtbilder. Schon allein deshalb trifft sie keine Pflicht zur Namensnennung gem § 74 Abs 3 S 1 UrhG. Eine am Recht auf Urheberbezeichnung (§ 20 UrhG) orientierte Untersuchung in Bezug auf das streitgegenständliche Original-Lichtbild hätte zwar eine andere Beurteilung nahe gelegt; diese nimmt der OGH aber nicht vor.

Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Manfred Büchele, Institut für Unternehmens- und Steuerrecht, Universität Innsbruck

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