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Rechtserhaltende Benutzung von Gemeinschaftsmarken (Änderung durch aktuelle EuGH-Entscheidung C-149/11)22.03.2013

von Michael Woller, Rechtsanwalt bei Schönherr Rechtsanwälte GmbH

Notwendigkeit rechtserhaltender Benutzung

Gemeinschaftsmarken müssen (wie auch nationale Marken) tatsächlich im geschäftlichen Verkehr in der EU für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt werden, um Bestandskraft und Durchsetzbarkeit der Marke aufrecht zu erhalten. Eine (teilweise) mangelnde Benutzung führt zwar nicht automatisch zum (teilweisen) Verlust der Markenregistrierung. Nach einer anfänglichen „Schonfrist“ von 5 Jahren ab Eintragung muss jedoch anlässlich der Durchsetzung der Marke gegen Dritte damit  gerechnet werden, dass die rechtserhaltende Benutzung nachgewiesen werden muss; ferner kann nach Ablauf der Benutzungsschonfrist jedermann die Löschung der Marke begehren, soweit sie für eingetragene Waren und Dienstleistungen in der EU nicht rechtserhaltend benutzt wurde (Art 15, 51 Abs 1 lit a GMV).

Bisherige Situation

Bisher war herrschende Meinung, dass die ernsthafte Benutzung einer Gemeinschaftsmarke in nur einem einzigen Mitgliedstaat ausreiche, um die Marke rechtserhaltend in der EU zu benutzen.[1]

Neue Beurteilungsgrundsätze der Rechtsprechung

In einer aktuellen, für alle EU-Mitgliedstaaten bindenden Vorabentscheidung (Rs C-149/11 vom 19.12.2012) folgte der Europäische Gerichtshof der bisher herrschenden Meinung jedoch nicht. Der EuGH verlangt nun vielmehr eine individuelle, auf den gesamten Binnenmarkt (also die gesamte EU) bezogene Beurteilung.

Der wesentliche Wortlaut dieser Entscheidung:

„Bei der Beurteilung des Erfordernisses, dass eine Marke „in der Gemeinschaft ernsthaft benutzt wird“, sind die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten außer Betracht zu lassen.

Eine Gemeinschaftsmarke wird „ernsthaft benutzt“, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion und zu dem Zweck, für die von ihr geschützten Waren oder Dienstleistungen Marktanteile in der Europäischen Gemeinschaft zu gewinnen oder zu behalten, benutzt wird. Es ist Sache des [nationalen] Gerichts, zu prüfen, ob die Voraussetzungen unter Berücksichtigung aller erheblichen Fakten und Umstände wie insbesondere der Merkmale des betreffenden Marktes, der Art der durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen, der Größe des Gebiets und des quantitativen Umfangs der Benutzung sowie deren Häufigkeit und Regelmäßigkeit erfüllt sind.“

Schlussfolgerungen

Daraus entsteht nun eine erhebliche Rechtsunsicherheit, denn was zur ernsthaften Benutzung in der EU konkret erforderlich ist, wird sich erst in den nächsten Jahren durch Einzelfallentscheidungen näher abzeichnen. Kann im Streitfall die Benutzung der Gemeinschaftsmarke in der EU nicht nachgewiesen werden, müsste die Gemeinschaftsmarke in nationale Marken in dem oder den Mitgliedsstaaten, wo sie tatsächlich benutzt wird, umgewandelt werden (Art 112 GMV).

 

Dr Christian Schumacher

Dr Michael Woller

Schönherr Rechtsanwälte GmbH



[1] Diese Meinung stütze sich vor allem auf die Gemeinsamen Erklärung Nr. 10 zu Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S 1).

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