von Christian Handig, Referent in der Rechts- und gewerbepolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Wien
Sachverhalt
Die österreichische Verwertungsgesellschaft Austro-Mechana nimmt die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf Zahlung der Leerkassettenvergütung für Trägermaterial (§ 42b Abs 1 UrhG) wahr. Austro-Mechana verklagte den internationalen Konzern Amazon vor dem HG Wien gesamtschuldnerisch auf Zahlung der Leerkassettenvergütung für Trägermaterial, die von 2002 bis 2004 in Österreich in den Verkehr gebracht wurden. Im Zuge dieses Verfahrens legte der OGH (4 Ob79/11p, Leerkassettenvergütung III (bzw IV)/Vergütung für Trägermaterial) dem EuGH etliche Fragen bzgl des „gerechten Ausgleichs“, der die europarechtliche Grundlage für die Leerkassettenvergütung bildet, zur Vorabentscheidung vor:
Entscheidung
Aufgrund fehlender Kriterien räumt der EuGH den Mitgliedstaaten bei der Errichtung von Systemen zur Geltendmachung des gerechten Ausgleichs einen weiten Spielraum ein. Er sah auch im österreichischen System keine prinzipiellen Probleme; konkret befasste er sich mit
Er bewertete jedoch insb die ersten drei Punkte nicht abschließend, weil der EuGH es den nationalen Gerichten überließ, zu prüfen, ob diese den Vorgaben tatsächlich der Info-RL 2001/29/EG entsprechen.
So müsse das System der Leerkassettenvergütung, die praktische Schwierigkeiten eine solche Regelung zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs rechtfertigen und wenn der Rückerstattungsanspruch wirksam ist und keine übermäßige Erschwernis bei der Erstattung der gezahlten Abgabe mit sich bringt. Dabei sei auch zu prüfen, ob mit der unterschiedslosen Anwendung der Abgabe für Privatkopien wegen des gewerbsmäßigen und entgeltlichen Inverkehrbringens von zur Vervielfältigung geeignetem Trägermaterial hinreichenden praktischen Schwierigkeiten in allen Fällen begegnet wird. Dabei seien der Umfang, die Wirksamkeit, die Verfügbarkeit, die Bekanntheit und die Einfachheit der Nutzung der von Austro-Mechana in ihren schriftlichen Erklärungen und in der mündlichen Verhandlung angeführten Vorabfreistellung zu berücksichtigen.
Bezüglich der widerlegbaren Vermutung für den privaten Gebrauch dieses Trägermaterials im Fall seines Inverkehrbringens an natürliche Personen hängt die Zulässigkeit davon ab, dass praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung des fraglichen Trägermaterials die Aufstellung einer solchen Vermutung rechtfertigen und soweit die vorgesehene Vermutung nicht dazu führt, dass die Abgabe für Privatkopien in Fällen auferlegt wird, in denen der Endnutzer des Trägermaterials offenkundig nicht von dem in der Info-RL 2001/29/EG geregelten Fall erfasst wird.
Bezüglich der sozialen und kulturellen Einrichtungenstünde es mit dem Zweck dieses Ausgleichs nicht im Einklang, wenn von diesen andere Personen als die Berechtigten profitieren würden oder wenn diejenigen, die nicht die Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats besitzen, von ihrer Inanspruchnahme rechtlich oder tatsächlich ausgeschlossen wären. Die die Funktionsmodalitäten dieser Einrichtungen dürfen nicht diskriminierend sein.
Bzgl der Gefahr beim grenzüberschreitenden Vertrieb von Trägermaterial, die Abgabe für Privatkopien mehrfach entrichten zu müssen, verwies der EuGH darauf, dass der Vertreibende vom ersten Staat nach dessen nationalen Recht die Erstattung der Abgabe verlangen kann. Im Übrigen verwies der EuGH auf die Entscheidung Stichting de Thuiskopie (EuGH 16. 6. 2011, C‑462/09), dass die Abgabe in dem Mitgliedstaat abzuführen sei, in dem der Endnutzer der Privatkopien wohne.
Bewertung
Eine abschließende Klärung in den Kernpunkten ist dadurch nicht erzielt worden, man kann daher gespannt sein, wie intensiv diese Prüfung vorgenommen werden wird bzw zu welchen Wertungen die befassten Gerichte noch gelangen werden. Diese Ergebnisse werden wohl in die Diskussion zur Ausweitung der Leerkassettenvergütung (Stichwort „Festgabenplattenabgabe“), deren erneutes Aufflammen in der nächsten Legislativperiode zu erwarten ist, einfließen.
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