Von Mag. Hannes Seidelberger
Gerade im letzten Jahr hat das UWG durch die Rechtsprechung des OGH, aber auch des EuGH und nachfolgend durch den österreichischen Gesetzgeber einige richtungsweisende Änderungen erfahren, insbesondere was die Zulässigkeit von Zugaben, Vorspannangeboten und auch Ausverkäufen betrifft.
Das Jahr 2013 kann als richtungsweisend für einige wichtige Teile des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb angesehen werden.
Zunächst wurde wie bereits als Meldung unter dem Titel "Zugabenverbot endgültig aufgehoben" berichtet die Regelung des § 9a UWG Anfang des Jahres 2013 im Zuge der Kartellrechtsnovelle zur Gänze aufgehoben und damit Zugaben und Gewinnspiele auch bei einer Koppelung an den Kauf einer Ware oder Dienstleistung ("Akzessorietät") grundsätzlich zulässig gemacht. Diese regelrechte Kehrtwende leitete der EuGH ein, welcher das Zugabenverbot im B2C-Bereich mit der seit 2007 geltenden Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL-UGP) als unvereinbar ansah, nachdem dort eine solche Regelung nicht vorgesehen und aufgrund dieser Maximalharmonisierung europarechtswidrig war. Der Gesetzgeber hat dann das Zugabenverbot auch gleich für den B2B-Bereich aufgehoben, um hier einen Gleichklang herzustellen.
Die darauf folgende Rechtsprechung des OGH hat solche nun grundsätzlich zulässigen Zugabenangebote auch bei werthaften Waren wie einem Gratisauto (Listenpreis von € 11.800 zu einem Möbelkauf ab € 50.000 - 4 Ob 121/11i) sowie einem qualitativ hochwertigen Gratis-Handy (bei Abschluss einer Lebensversicherung - 4 Ob 100/13d) als zulässig, weil weder aggressiv im Sinne des § 1a UWG noch unlauter im Sinne des § 1 UWG angesehen. Zuletzt ist der OGH noch einen Schritt weiter gegangen und nimmt auch keine Unlauterkeit mehr bei einer solchen verkaufsfördernden Maßnahme an, wenn bei einem sogenannten Vorspannangebot (einer verbilligten Tonträgeredition) die Ersparnis bei der Nebenware höher ist als der Preis der Hauptware (hier in Form einer Zeitung - 4 Ob 129/13v). Mit diesen Angeboten werden Verbraucher nach der Rechtsprechung des OGH nicht zu irrationalen Verkaufsentscheidungen verleitet.
Ebenfalls eine Änderung erfuhr aufgrund der gleichen Ursache (Unvereinbarkeit in dieser Form mit der RL-UGP laut EuGH) das in den §§ 33a ff UWG zu findende Ausverkaufsrecht, welches mit der UWG-Novelle 2013 zwar nicht abgeschafft, aber doch eingeschränkt und damit liberalisiert wurde. Über die Details haben wir bereits bei den Meldungen unter dem Titel "UWG-Novellenentwurf 2013" berichtet, wobei dieser Regelungsvorschlag ohne Veränderungen im Sommer 2013 in Kraft getreten ist.
Auch bei einem weiteren Sonderbereich, der an Kinder gerichteten Werbung, hat es einige richtungsweisende Entscheidungen gegeben, wobei hier die Regelung der Z 28 des Anhangs zum UWG einschlägig ist, welche durch die erwähnte RL-UGP europaweit eingeführt wurde. Dieses Verbot der direkten Aufforderung an Kinder, die beworbenen Produkte zu kaufen, gilt laut der Rechtsprechung des OGH nur dann, wenn eine solche Ankündigung zum Kauf ganz bestimmter Produkte aufruft (4 Ob 244/12d) und nicht nur die Information über eine Erwerbsmöglichkeit als bloß mittelbare Kauffaufforderung enthält (4 Ob 95/13v). Als Kinder gelten jedenfalls Minderjährige, also Personen unter 14 Jahren, wobei nach oben hin die Grenze noch offen ist (4 Ob 110/12y).
Schließlich haben sowohl der OGH als auch der EuGH ihre strenge Beurteilung einer Irreführungseignung fortgesetzt, wobei der irreführende Charakter einer Geschäftspraktik laut einer aktuellen Klarstellung des EuGH allein davon abhängt, dass sie unwahr ist, weil sie falsche Angaben enthält, oder dass sie ganz allgemein den Durchschnittsverbraucher in Bezug etwa auf die Art oder die wesentlichen Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung zu täuschen geeignet ist. Liegen diese Merkmale vor, so ist die Geschäftspraxis als als unlauter anzusehen, ohne dass zu prüfen wäre, ob sie auch gegen die Erfordernisse der beruflichen Sorgfalt verstößt (C-435/11 über Vorlage des OGH). Weiters kann ein aufklärender Hinweis laut OGH eine Täuschung nur verhindern, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen wahrgenommen wird, was im Regelfall gleiche Auffälligkeit voraussetzt. Maßgebend ist dabei, ob ein durchschnittlich informierter, verständiger Verbraucher den aufklärenden Hinweis wahrnimmt, wenn er mit der Werbeaussage konfrontiert wird (4 Ob 68/13y).
Die weitere Entwicklung des Lauterkeitsrechts auf nationaler und europäischer Ebene wird mit Spannung zu verfolgen sein, weil es in kaum einem anderen Bereich aktuell so viele Vorlagefragen der nationalen Gerichte an den EuGH insbesondere in Bezug auf die erwähnte RL-UGP gibt.
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