Von Christian Handig, Referent in der Abteilung Rechtspolitischen der Wirtschaftskammer Wien
Sachverhalt
Das bekl Unternehmen gewährt über ihre Website www.autotrack.nl Zugang zu einer Online-Zusammenstellung von Anzeigen über den Verkauf von Kraftfahrzeugen. Diese Zusammenstellung enthält eine täglich aktualisierte Liste von ca 200 000 gebrauchten Kraftfahrzeugen. Ca. 40 000 dieser Anzeigen befinden sich ausschließlich auf www.autotrack.nl. Die übrigen Anzeigen sind auch auf anderen Seiten zu finden. Mit Hilfe der Suchmaschine von www.autotrack.nl kann der Internetnutzer anhand verschiedener Kriterien gezielt nach einem Fahrzeug suchen.
Innoweb bietet über ihre Website www.gaspedaal.nl eine spezialisierte Metasuchmaschine für den Verkauf von Kraftfahrzeugen an. Eine Metasuchmaschine nutzt die Suchmaschinen anderer Websites, indem sie die Suchanfragen ihrer Nutzer zu diesen anderen Suchmaschinen weiterleitet, was sie von allgemeinen Suchmaschinen wie Google unterscheidet. Dadurch kann ein Internetnutzer durch eine einzige Suchanfrage auf www.gaspedaal.nl gleichzeitig die Suche in mehreren Sammlungen von Anzeigen für den Verkauf von Kraftfahrzeugen, die sich auf den Websites Dritter, wie eben auf www.autotrack.nl, befinden, durchführen.
Die auf www.autotrack.nl gefundenen Suchergebnisse, die den vom Endnutzer ausgewählten Kriterien entsprechen, die sich auch unter den Suchergebnissen anderer Websites befinden, werden in einem einzigen Datensatz zusammengefügt; dabei werden die Links zu allen Quellen, in denen dieses Kraftfahrzeug gefunden wurde, angezeigt. Anschließend wird eine Internetseite mit der Liste der so erhaltenen und zusammengestellten Ergebnisse erstellt, die die wesentlichen Informationen zu jedem Kraftfahrzeug anzeigt, insb Baujahr, Preis, Kilometerstand inkl Miniaturfoto des Fahrzeugs.
Frage und Beurteilung
Das vorlegende Gericht (Gerechtshof te ’s‑Gravenhage) richtet dabei die Frage an den EuGH (C 202/12, Innoweb BV), ob der Betreiber einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im vorliegenden Fall die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts einer von ihrem Dienst erfassten Datenbank iSd Art 7 Abs 1 DatenbankenRL 96/9/EG weiterverwendet.
Der EuGH stellte dabei zunächst klar, dass eine Metasuchmaschine von anderen Suchmaschinen wie Google oder Yahoo zu unterscheiden sei: Während Suchmaschinen andere Websites durchsuchen, übersetzt die Metasuchmaschine „in Echtzeit“ die Suchanfragen ihrer Nutzer in diese Suchmaschinen, so dass alle Daten dieser Datenbanken durchsucht werden.
Der Begriff „Weiterverwendung“ iSd Art 7 Abs 2 lit b DatenbankenRL 96/9/EG beinhaltet „jede Form öffentlicher Verfügbarmachung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung“. Er ist weit gefasst zu verstehen, nämlich, dass er jede Handlung inkludiert, die darin besteht, ohne die Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt hat, die Ergebnisse ihrer Investition öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren - unabhängig von der konkreten Art und Form des angewandten Verfahrens.
Diese Tätigkeit des Betreibers einer spezialisierten Metasuchmaschine wie der im Ausgangsverfahren fraglichen birgt die Gefahr in sich, dass dem Hersteller der Datenbank Einnahmen entgehen, insb die aus der Werbung auf seiner Website, und ihm so Einnahmen entzogen werden, die es ihm hätten ermöglichen sollen, die Kosten seiner Investition bei der Erstellung und dem Betrieb der Datenbank zu amortisieren. Da der Endnutzer nicht mehr über die Startseite und das Suchformular der Datenbank gehen muss, ist es nämlich möglich, dass der Hersteller dieser Datenbank weniger Einnahmen aus der auf dieser Startseite oder diesem Suchformular erscheinenden Werbung erzielt, insb weil es den Wirtschaftsteilnehmern, die Werbeanzeigen online schalten wollen, profitabler erscheint, dies auf der Website der spezialisierten Metasuchmaschine zu tun als auf einer der von der Metasuchmaschine erfassten Datenbanken.
Nach der Auffassung des EuGH 19. 12. 2013, C 202/12, Innoweb BV, ist daher Art 7 Abs 1 der DatenbankenRL 96/9/EG dahin auszulegen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der eine spezialisierte Metasuchmaschine, die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts einer durch diesen Art 7 geschützten Datenbank weiterverwendet, sofern diese spezialisierte Metasuchmaschine
Bewertung
Das sui generis Recht der Datenbanken war von Anfang an klar als ein Leistungsschutzrecht zum Schutz wesentlicher Investitionen eingerichtet, die wirtschaftliche Beurteilung und der Amortisationsgedanke des EuGH werden dieser gesetzgeberischen Absicht gerecht. Allerdings war das Ergebnis nicht unbedingt zu erwarten, nachdem der BGH, der sich mit einem ähnlichen Fall befasst hatte, zu einem anderen Ergebnis gekommen war. Gegenstand des Verfahrens war eine Software, mit der mehrere Onlinebörsen für Automobile gleichzeitig nach Verkaufsangeboten durchsuchen können, ohne die Internetseiten dieser Onlinebörsen aufzusuchen. Obwohl der BGH auch das Problem der Werbung zur Finanzierung der Internetseite erörterte, erkannte er weder einen Eingriff in das sui generis Recht der Dankbankhersteller noch eine lauterkeitsrechtliche Behinderung (BGH ZR 159/10, Automobil-Onlinebörse).
Christian Handig, Referent in der Abteilung Rechtspolitischen der Wirtschaftskammer Wien
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