Im Zuge des neuen Instanzenzuges, welcher seit der Patent- und Markenrechts-Nov 2014 vom Patentamt zum OLG Wien führt, stellt sich die Frage, wie das OLG Wien mit fremdsprachigen Dokumenten, welche insbesondere im patentrechtlichen Erteilungsverfahren usus sind, umgehen wird.
Von Patentanwalt DI Dr. Rainer Beetz
Eines der am heißest diskutierten Themen im Zuge des neuen Instanzenzuges, welcher seit der Patent- und Markenrechts-Nov 2014 bekanntlich vom Patentamt zum OLG Wien führt, war, wie das OLG Wien mit fremdsprachigen Dokumenten, welche insbesondere im patentrechtlichen Erteilungsverfahren usus sind, umgehen wird. Hier wurde in der Diskussion insbesondere darauf verwiesen, dass gemäß Art 8 B-VG deutsch Amtssprache sei. Anders als im patentamtlichen Verfahren ist zudem in § 53 GeO (Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz, nicht in der ZPO!) ausdrücklich geregelt, dass die Gerichtssprache deutsch ist.
Art 8 Abs 1 B-VG und § 53 Abso GeO wurden in stRsp bisher wiefolgt ausgelegt:
„Die Bestimmung des Art 8 B-VG bedeutet, dass die deutsche Sprache - abgesehen von den Rechten der Minderheiten - die offizielle Sprache ist, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen haben und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben. In diesem Sinne ist auch § 53 Abs 1 GeO zu verstehen.“ (RIS-Justiz RS0053065, zuletzt 3Ob/09t)
Auf Basis dieser höchstgerichtlichen Auslegung tut sich augenscheinlich ein Spannungsverhältnis auf, insb in Fällen, in denen das Patentamt selbst oder eine der Parteien im erstinstanzlichen patentamtlichen Verfahren englisch- oder französischsprachige Dokumente in das Verfahren eingeführt hat. Das Patentamt akzeptiert nämlich auch Dokumente in diesen beiden Sprachen:
„Sind die vorgelegten Urkunden nicht in deutscher, englischer oder französischer Sprache abgefasst, ist auch eine beglaubigte Übersetzung in eine dieser Sprachen abzuschließen […]“ (vgl. § 6 PAV)
Demnach wurde mit Spannung erwartet, wie das OLG Wien mit Dokumenten englischer oder französischer Sprache umgehen wird. Aus einer jüngst im RIS veröffentlichten Entscheidung (34R24/14w) geht nun hervor, dass das OLG Wien auch fremdsprachige Dokumente im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigen wird, sofern die Senatsmitglieder die fremdsprachigen Dokumente verstehen:
„Auch Urkunden, die nicht in deutscher Sprache vorliegen, unterliegen der freien Beweiswürdigung; dass die deutsche Sprache die Staatssprache ist, steht dem nicht entgegen.“ (RIS-Justiz RW0000796)
Aus der Sicht des Parteienvertreters ist dieser sehr pragmatische Ansatz des OLG Wien sehr erfreulich, da andernfalls nicht ersichtlich wäre, wie insb im patentrechtlichen Erteilungsverfahren mit – sehr häufig zitierten – englischsprachigen Patenturkunden im Rechtsmittelverfahren zu verfahren wäre.
Dogmatisch erscheint dieser Ansatz jedoch höchst zweifelhaft, da gemäß Art 8 Abs 1 B-VG und § 53 Abs 1 GeO eben deutsch Amtssprache ist und daher nicht in der Amtssprache vorgelegte Urkunden per se keine probaten Beweismittel sein dürften, auch wenn (einzelne) Senatsmitglieder in der Lage sind den Erklärungsinhalt der fremdsprachigen Urkunde zu verstehen. Andernfalls wäre für die Gegenpartei nicht ersichtlich, welche Urkunden im Rahmen der Beweiswürdigung verwertet werden, können der Gegenpartei doch die Sprachkenntnisse der Senatsmitglieder im Einzelfall nicht bekannt sein. Es bleibt daher abzuwarten, ob diese (erhebliche) Rechtsfrage nicht noch an den OGH herangetragen wird.
Patentanwalt Rainer Beetz
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