In einer jüngst ergangenen Entscheidung (EuGH 11.12.2014, C-31/14 P – Pre-meno/Pramino) hatte sich der EuGH mit Fragen zur Formulierung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses betreffend Arzneimittel bzw pharmazeutische Präparate zu befassen.
Im Zuge eines Widerspruchsverfahrens wollte die Markenanmelderin das Warenverzeichnis ihrer Marke, das ein bestimmtes pharmazeutisches Präparat (Vaginalzäpfchen) enthielt, nach zwei Kriterien einschränken:
(„nicht verschreibungspflichtige Vaginalzäpfchen gegen Scheidentrockenheit und vaginale Infekte“).
Der Streit um die Zulässigkeit dieses Einschränkungsantrags erreichte schließlich den EuGH: Dieser entschied, dass ein Einschränkungsantrag des Warenverzeichnisses die Art der Waren, für die die Eintragung beantragt wird, klar erkennen lassen muss. Um diesem Erfordernis der Klarheit zu genügen, muss ein solcher Antrag insbesondere auf ein Kriterium geschützt sein, das es erlaubt, eine Untergruppe der erfassten Waren hinreichend genau abzugrenzen (Rn 36-37).
Bereits in der Entscheidung T-256/06 (RESPICUR) hatte das EuG entschieden, dass die Erforderlichkeit einer ärztlichen Verschreibung bei pharmazeutischen Erzeugnissen in der Rede nicht geeignet ist, eine eigenständige Untergruppe von Waren zu definieren. Darauf verwies im hier besprochenen Verfahren in der Vorinstanz auch das EuG (T-536/10). Ferner hatte das EuG in der zuvor zitierten Entscheidung RESPICUR ausgesprochen, dass auch Aspekte wie die Darreichungsform von pharmazeutischen Erzeugnissen oder deren Wirkstoff nicht als Kriterien geeignet seien, eine eigenständige Untergruppe von Waren zu definieren. Vor dem EuGH herrschte anscheinend inzwischen bereits Einigkeit, dass das Kriterium der (fehlenden) Verschreibungspflicht ungeeignet sei, eine Untergruppe der erfassten Waren zu definieren.
Der EuGH bestätigte jedoch andererseits, dass das Kriterium der therapeutischen Indikation bei pharmazeutischen Erzeugnissen ein wesentliches Kriterium für die Bildung einer Untergruppe dieser Waren sei. Dieses Kriterium sei ferner auch ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Beurteilung der maßgeblichen Verkehrskreise und der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen sei. Da der Einschränkungsantrag somit auch auf das wesentliche Kriterium der therapeutischen Indikation gestützt war, sei er zu berücksichtigen.
Die Frage der korrekten Formulierung von Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen für Marken erlangte mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache IP TRANSLATOR (C-307/10) verstärkte Bedeutung. Seitdem wird den Erfordernissen der Klarheit und Eindeutigkeit von den Ämtern verstärkte Beachtung geschenkt. Andererseits wurde im Rahmen des Europäischen Netzwerks für Marken und Geschmacksmuster (ETMDN) die Harmonisierung der Klassifizierungspraxis koordiniert. Daraus entstand eine Datenbank mit akzeptablen Begriffen für das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in einer hierarchischen Struktur (Taxonomy), aufrufbar im Klassifizierungsassistenten TMclass (http://tmclass.tmdn.org).
Christian Schumacher
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