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Widerspruchsverfahren – OLG Wien skeptisch zum erweiterten Schutz der bekannten Marke15.01.2015

Aus der Entscheidung OLG Wien, 1.10.2014, 34 R 99/14z (rechtskräftig) geht unter anderem hervor, dass das OLG Wien grundsätzlich Zweifel daran hegt, ob die Bekanntheit einer Marke irgendeinen Einfluss auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren haben könne.

Bekanntlich ist das österreichische Marken-Widerspruchsverfahren auf die Kollisionsgründe der Doppelidentität und Verwechslungsgefahr beschränkt. Der besondere Schutz der bekannten Marke vor Ruf- und Aufmerksamkeitsausbeutung und Verwässerung gehört nicht zu den Widerspruchsgründen. Dessen Geltendmachung sowie die Geltendmachung von absoluten Schutzhindernissen bleibt dem Löschungsverfahren vorbehalten (das bereits vor Ende der Widerspruchsfrist anhängig gemacht werden kann, weil im österreichischen System auch die Widerspruchsmöglichkeit erst nach Registrierung der Marke besteht).

In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien (OLG Wien, 1.10.2014, 34 R 99/14z [rechtskräftig]), das seit 1.1.2014 als Rechtsmittelinstanz für die Entscheidungen des österreichischen Patentamts in Widerspruchs- (und Löschungs-)Verfahren agiert, erinnerte das OLG Wien nicht nur daran, dass der Kollisionsgrund des besonderen Schutzes der bekannten Marke im Widerspruchsverfahren nicht zur Verfügung steht. Aus der Entscheidung geht ferner hervor, dass das OLG Wien grundsätzlich Zweifel daran hegt, ob die Bekanntheit einer Marke irgendeinen Einfluss auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Widerspruchsverfahren haben könne. Nach ständiger europäischer Rechtsprechung gebührt bekannten Marken insofern ein erweiterter Schutz vor Verwechslungsgefahr als Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken bekommen, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (EuGH 29.9.1998, C-39/97, Canon Rz 18).

In der erwähnten Entscheidung des OLG Wien scheint dieses nun davon auszugehen, dass im Widerspruchsverfahren ausnahmslos nur eine „abstrakte“ Prüfung nach dem Registerstand vorzunehmen sei, womit die Frage der erhöhten Kennzeichnungskraft aufgrund umfangreicher Benutzung als Beweisfrage keinen Raum haben könnte.

Um diese Frage zu klären ließ das OLG Wien sogar den ordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof (OGH) zu; diese Gelegenheit wurde aber von der Antragstellerin nicht wahrgenommen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Frage in nächster Zeit in anderen Fällen vor dem OGH zu lösen sein wird.

Es mag zwar für das als rasch und kostengünstig gedachte Widerspruchsverfahren unpassend erscheinen, meines Erachtens wird sich aber niemals vermeiden lassen, Tatsachenaspekte auch im Widerspruchsverfahren zu behandeln und somit auch dort ein Beweisverfahren durchzuführen. Dies resultiert einerseits bereits aus der Möglichkeit des Einwands der Nichtbenutzung, der dazu führt, dass der Antragsteller glaubhaft zu machen hat, dass seine ältere Marke nicht wegen Nichtbenutzung gelöscht werden könnte. Es gilt aber auch für die Rechtsfrage der Verwechslungsgefahr, zu deren Beurteilung etwa die Verkehrsauffassung heranzuziehen ist, was Tatsachenfragen aufwerfen und ein Beweisverfahren nötig machen kann. Auch die Beurteilung etwaiger erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke stellt im Ergebnis auf die Verkehrsauffassung ab.

Christian Schumacher

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