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EuGH: Gewährt eine bekannte Gemeinschaftsmarke den besonderen Schutz auch in einem Gebiet, wo sie nicht bekannt ist?16.10.2015

Der EuGH hatte in der Vergangenheit bereits geklärt, dass eine Marke als "in der Gemeinschaft bekannt" gilt, wenn sie einem bedeutenden Teil des maßgeblichen Publikums in einem wesentlichen Teil des Gebiets der EU bekannt ist, wobei ein wesentlicher Teil gegebenenfalls dem Gebiet eines einzigen Mitgliedstaats wie Österreich entsprechen kann (EuGH C-301/07, Pago).

Von RA Dr Christian Schumacher, SCHÖNHERR Rechtsanwälte

Schutz auch im Gebiet, in dem "nicht bekannt"?!

Bei der Bekanntheit der Marke handelt es sich jedoch nur um eine der Tatbestandsvoraussetzungen für deren besonderen Schutz nach den Art 4 Abs 3 MarkenRL (in Österreich § 10 Abs 2 MSchG) bzw Art 8 Abs 5 und 9 Abs 1 lit c GMV.

Darüber hinaus muss das Zeichen des Dritten mit der bekannten Marke gedanklich verknüpft (assoziiert) werden (EuGH C-408/01, adidas/Fitnessworld) und (dadurch) die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der bekannten Marke in unlauterer Weise ausnutzen oder diese beeinträchtigen. Aufgrund einer Vorlage aus Ungarn hatte sich der EuGH jüngst (EuGH 3.9.2015, C-125/14, Iron & Smith) mit der Frage zu beschäftigen, inwiefern die Bekanntheit in einem wesentlichen Teil des Gebiets der EU sich auch auf das Gebiet erstrecken muss, für das die Kollision einer jüngeren Marke behauptet wird. Im zur Vorlage führenden Fall ging es um eine Gemeinschaftsmarke ("Impulse"), für die Bekanntheit (nur) im Gebiet des Vereinigten Königreichs und Italiens festgestellt werden konnte, nicht aber in Ungarn, wo der Markeninhaber gegen eine jüngere nationale Marke ("be impulsive") Widerspruch erhob.

Der EuGH traf in seiner Entscheidung folgende wesentlichen Aussagen:

Im Ergebnis muss also die qualifizierte Bekanntheit, die als "Eintrittsschwelle" erst zur Geltendmachung des besonderen Bekanntheitsschutzes berechtigt, nicht auch im Gebiet der Markenkollision vorliegen; es reicht, wenn dort bloß in Bezug auf einen wirtschaftlich nicht unerheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise eine unlautere Ausnutzung oder eine Beeinträchtigung erfolgt.

Daraus dürfte sich generell für alle Funktionsbeeinträchtigungen – also auch die Verwechslungsgefahr – folgern lassen, dass diese im relevanten Territorium (nur) in Bezug auf einen wirtschaftlich nicht unerheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise vorliegen muss.

Von RA Dr Christian Schumacher, SCHÖNHERR Rechtsanwälte

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