Bei einer Werbung, dass Fleischprodukte größtenteils aus einer bestimmten Region kommen, kann dem Beklagten die Beweislast auferlegt werden, weil er über die eigene unternehmerische Tätigkeit besser Bescheid weiß und es ihm daher leicht möglich und zumutbar ist, sich gegebenenfalls "freizubeweisen".
von Hannes Seidelberger, Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb
Ein Händler warb für seine Fleischprodukte mit der Behauptung, dass diese größtenteils aus einer bestimmten Region stammen. Ein Mitbewerber bezweifelte dies und klagte auf Unterlassung, konnte aber die Unrichtigkeit nicht selber beweisen. In solchen Fällen ist eine Beweislastumkehr zum Beklagten laut OGH denkbar (E vom 17.11.2015, 4 Ob 182/15s).
Konkret verboten die Vorinstanzen dem Beklagten Ankündigungen, in seinen Märkten seien ab einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitraum bestimmte Waren, insbesondere Rindfleischprodukte, erhältlich, die ausschließlich, überwiegend oder größtenteils von Regionalproduzenten stammen, oder ähnliche Ankündigungen, wenn sie wahrheitswidrig sind. Der beklagte Unternehmer hat gemäß § 1 Abs 5 UWG im Verfahren auf Unterlassung oder Schadenersatz nach § 1 Abs 1 bis 3 UWG die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit einer Geschäftspraktik zu beweisen, wenn ein solches Verlangen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Unternehmers und anderer Marktteilnehmer wegen der Umstände des Einzelfalls angemessen erscheint.
Wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, hat der Beklagte die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen. Es ist laut OGH vertretbar, wenn das Rekursgericht zur Aufklärung der Frage, ob bestimmte angebotene Fleischprodukte aus einer bestimmten Region stammen, den beklagten Unternehmer mit dem Herkunftsnachweis belastet hat.
Die Klägerin hat sich auf die von ihr wahrgenommenen und dokumentierten äußerlich sichtbaren Kennzeichnungen berufen. Es liegt nahe, sie nicht damit zu belasten, die Richtigkeit oder allfällige Unvollständigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Kennzeichnung zu erforschen, wogegen die Beklagte über ihre eigene unternehmerische Tätigkeit Bescheid wissen müsste. Dass die Anlieferung bestimmter Warenmengen mit bestimmter Herkunft keinen zwingenden Schluss darauf zulässt, welche Waren mit welcher Herkunft in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich angeboten wurden, liegt gleichfalls auf der Hand. In Anbetracht der Kühlmöglichkeiten für Rindfleisch sind zeitliche Verschiebungen zwischen Anlieferung und Feilbieten durchaus denkbar.
Da die Vorinstanzen aufgrund der von ihnen in vertretbarer Weise getroffenen Beweislastentscheidung von der Unrichtigkeit der beanstandeten Werbung ausgingen, war das Unterlassungsgebot gerechtfertigt. Es ist jedenfalls vertretbar, wenn aktueller Anlass für das Unterlassungsgebot die unzutreffende Bewerbung einer „größtenteils“ gewährleisteten regionalen Herkunft ist, auch die unrichtige Ankündigung „ausschließlich“ gewährleisteter bestimmter Herkunft zu verbieten, insbesondere wenn in der Vergangenheit auch schon ein solcher Fall unrichtiger Ankündigung „ausschließlich“ gewährleisteter Herkunft erfolgreich beanstandet wurde.
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