von Max W. Mosing, GEISTWERT Rechtsanwälte
Der EuGH entschied am 21.10.2015 aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes.
Die Beschwerdeführerin des Ausgangsverfahrens betreibt unter der Internetadresse http://www.tt.com die Online-Zeitung Tiroler Tageszeitung Online. Auf dieser Website, die hauptsächlich Presseartikel enthält, befand sich zur im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit ein Link, der auf eine Subdomain, http://video.tt.com, mit der Bezeichnung „Video“ verwies (im Folgenden: Subdomain Video) und zu einer Seite führte, auf der anhand eines Suchkatalogs mehr als 300 Videos abgerufen werden konnten.
Die derart ins Internet gestellten Videos enthielten redaktionell gestaltete Berichte unterschiedlicher Länge (30 Sekunden bis mehrere Minuten) über verschiedene Themen, wie etwa lokale Veranstaltungen und Ereignisse, Befragungen von Passanten zu aktuellen Themen, Sportveranstaltungen, Filmtrailer, Bastelanleitungen für Kinder oder redaktionell ausgewählte Videos von Lesern. Nur wenige der in der Subdomain Video angebotenen Videos hatten einen Bezug zu den Artikeln auf der Website der Tiroler Tageszeitung.
Der EuGH stellte fest, dass die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste somit die Vergleichbarkeit von Videosequenzen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen verlangt, nicht aber die Vergleichbarkeit einer kompletten Kurzvideosammlung mit einem von einem Fernsehveranstalter erstellten kompletten Sendeplan oder Katalog.
Es ergibt sich aus der Richtlinie 2010/13 zwar, dass die elektronische Ausgabe einer Zeitung trotz der audiovisuellen Elemente, die sie enthält, nicht als ein audiovisueller Dienst zu betrachten ist, wenn diese audiovisuellen Elemente eine Nebenerscheinung darstellen und nur zur Ergänzung des Presseartikelangebots dienen.
ABER: Ein Videobereich, der im Rahmen einer einheitlichen Website die Voraussetzungen für eine Einstufung als audiovisueller Mediendienst auf Abruf erfüllt, verliert diese Eigenschaft nicht allein deshalb, weil er von der Website einer Zeitung aus zugänglich ist oder in deren Rahmen angeboten wird.
DAHER haben Online Zeitungen zu prüfen, ob ihre Inhalte etwa (auch) aus einem Video-Dienst bestehen, dessen Inhalt und Funktion gegenüber den Presseartikeln des Verlegers der Online-Zeitung eigenständig ist. Wenn dies der Fall ist, fällt der Dienst in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Wenn der Dienst dagegen insbesondere wegen der zwischen dem audiovisuellen Angebot und dem Textangebot bestehenden Verbindungen untrennbar mit der journalistischen Tätigkeit dieses Verlegers verknüpft ist, fällt er nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.
Bei dieser Prüfung kann nicht maßgebend sein, ob das fragliche audiovisuelle Angebot im Hauptbereich der betreffenden Website oder in einer ihrer Subdomains präsentiert wird, da sonst die Möglichkeit geschaffen würde, die Vorschriften der Richtlinie durch eine entsprechende Strukturierung der Website zu umgehen.
KONSEQUENZ für österreichische Online-Zeitungen könnte sein, dass sie (zum Teil) dem Audiovisuellen Mediendienste-Gesetz – AMD-G unterliegen, insbesondere seinen Meldepflichten (sonst Verwaltungsstrafe bis EUR 4.000,-), seinen Werbebeschränkungen, seinen besonderen Vorschriften über den Schutz von Minderjährigen (Zugangskontrolle) und seinen besonderen Vorschriften über die Förderung europäischer Werke.
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