Die Gegenüberstellung von Heizmöglichkeiten mit der Bezeichnung "KEINSTAUB" für Fernwärme und "FEINSTAUB" für andere Heizsysteme erweckt einen unrichtigen Eindruck, weil Heizen mit Fernwärme bei der Herstellung mit Biomasse von den gebräuchlichsten Heizsystemen die höchste Feinstaubemission verursacht und 46% der Fernwärme 2011 so erzeugt wurde.
Die Klägerin stellt für alle Brennstoffe verwendbare Kamine her, die einen wesentlichen Bestandteil des jeweiligen Heizsystems bilden. Der Beklagte ist ein Fachverband (Körperschaft öffentlichen Rechts), dessen Mitglieder unter anderem Unternehmen der Fernwärmebranche sind. Zu den Aufgaben des Beklagten gehört es auch, für Gas- und Fernwärme zu werben.
Der Beklagte veröffentlichte im Oktober 2014 in Printmedien, aber auch auf seiner Website folgende Werbung:
Bereits 2011 wurden 46 % der Fernwärme aus Biomasse erzeugt (im Auftrag des Beklagten 2013 von der Umweltbundesamt GmbH erstellte Publikation „Beitrag von Fernwärme, Fernkälte und Erdgas zu energie- und umweltpolitischen Zielen). Aus Biomasse hergestellte Fernwärme verursacht von den gebräuchlichsten Heizsystemen die höchste Feinstaubemission (Institut für Wärme und Öltechnik, Umweltbundesamt 2014).
Der beklagte Fachverband wird selbst nicht wirtschaftlich tätig, er kann aber wegen der Förderung fremden Wettbewerbs in Anspruch genommen werden. Wegen des generellen Wegfalls der Wettbewerbsabsicht als Tatbestandsmerkmal des § 1 UWG durch die UWG-Novelle 2007 kommt es nach der ständigen Rechtsprechung nicht mehr auf die Absicht an, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern auf die Eignung des Verhaltens, sofern nicht bei objektiver Betrachtung eine andere Zielrichtung eindeutig überwiegt
Das Rekursgericht verwies zutreffend darauf, dass der beklagte Fachverband durch die beanstandete Werbung für (einen Teil) seine(r) Mitgliedsunternehmen eine Kernaufgabe als gesetzliche Interessenvertretung wahrnahm und die Förderung fremden Wettbewerbs keine bloße Reflexwirkung war. Es trifft auch nicht zu, dass sich die Klägerin als Kaminanbieterin an andere Kunden wendet als der Beklagte als Interessenvertreter seiner Mitgliedsunternehmen, die Fernwärme anbieten. Zwar haben zahlreiche Wohnungsinteressenten keinen oder kaum einen Einfluss auf die Auswahl des Heizsystems, die Werbung richtet sich aber auch an private Errichter von Eigenheimen, die eine solche Wahl etwa in jenen Fällen haben, in denen der Anschluss an ein vorhandenes Fernwärmenetz einerseits oder die Errichtung eines davon unabhängigen Heizsystems (welcher Art auch immer) möglich ist. Fernheizung einerseits und kamingebundene Heizsysteme, für die die Klägerin einen wesentlichen Bestandteil (Kamin) anbietet, andererseits sind daher austauschbare Produkte.
Bereits das Rekursgericht hat zutreffend festgehalten, dass bei gebotener Beurteilung nach dem Gesamteindruck der beanstandeten Werbung für den durchschnittlich informierten und verständigen Interessenten bei angemessener Aufmerksamkeit der Eindruck erweckt wird, die Aussage vergleiche nicht bloß die von einem einzelnen Haus ausgehende Feinstaubbelastung bei Verwendung unterschiedlicher Heizsysteme, sondern stelle auf die Gesamtumweltbelastung ab, beziehe also bei Fernwärmeversorgung auch die Erzeugung der Fernwärme mit ein.
Entgegen der Argumentation des Beklagten legt die blickfangartige Hervorhebung des Gegensatzpaares „FEINSTAUB“ und „KEINSTAUB“ das Verständnis der angesprochenen Leser nahe, Heizen mit Fernwärme führe zu überhaupt keiner Feinstaubbelastung. Selbst wenn man diese Werbeaussage nicht wörtlich nimmt, deutet sie jedoch zumindest darauf hin, dass die von Fernwärmeheizungen bewirkte Feinstaubbelastung jedenfalls vergleichsweise sehr gering bzw überhaupt die geringst Mögliche sei. Der Senat folgt auch nicht dem Beklagtenvorbringen, informierte Verbraucher verstünden unter Fernwärmeversorgung lediglich diejenigen Unternehmen, die in Ballungsräumen Objekte im großen Stil mit Wärme versorgen. Fernwärme ist nach dem allgemein verbreiteten Begriffsverständnis vielmehr jede Wärmeversorgung räumlich entfernter Objekte durch eine zentrale Heizeinheit. Solche Einrichtungen sind nicht nur in Ballungsräumen verbreitet.
Dass sich manche Unternehmen als „Nahwärme“ bezeichnen, ändert nichts daran, dass sie eine leitungsgebundene Warmwasserversorgung anbieten, die Energie über eine gewisse Strecke transportiert und eine Wärmeerzeugungsanlage im Gebäude bzw -komplex überflüssig macht. Die beanstandete Werbung lässt sich in keiner Weise dahin verstehen, dass sie lediglich auf großtechnische Fernwärmeerzeugung in Ballungsräumen abstellt. Im Gegenteil: Das kleine symbolische Häuschen lässt eher an Einfamilienhäuser als an große Wohnhausanlagen oder ähnliche Gebäudekomplexe denken.
Nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt erweist sich der von der beanstandeten Werbung hervorgerufene Eindruck als unzutreffend. Es ist weder richtig, dass Heizen mit Fernwärme bei einer von der Werbung (auch) nahe gelegten Gesamtbetrachtung überhaupt keinen oder zumindest den im Vergleich zu anderen Heizsystemen geringsten Feinstaub erzeugt: Einerseits blendet diese Aussage völlig aus, dass es Heizmethoden gibt, die im laufenden Betrieb tatsächlich keine Feinstaubbelastung bewirken (Heizen mit Strom, allenfalls unter Zuhilfenahme von Wärmepumpen, sofern die Stromerzeugung nicht unter Einsatz fossiler Brennstoffe erfolgt), andererseits ist nicht bescheinigt, dass Heizen mit Fernwärme im Sinn der expliziten Ankündigung im Inseratentext unter allen Umständen tatsächlich die Feinstaubbelastung zu senken vermag.
Völlig zutreffend verwies schon das Erstgericht darauf, dass die endgültige Klärung aller Aspekte der Auswirkung des Heizens mit Fernwärme auf die gesamte Feinstaubbelastung den Rahmen des Sicherungsverfahrens sprengen würde, und auch der Beklagte gesteht in der Revisionsrekursbeantwortung zu, dass die Feinstaubthematik „komplex“ ist. Dass der verstärkte Einsatz von Fernwärme nach verschiedenen Untersuchungen in bestimmten Zeiträumen der Vergangenheit eine Verringerung der Feinstaubbelastung bewirkt hat, lässt noch nicht den zwingenden Schluss zu, dass dies auch für die Gegenwart und die Zukunft zutrifft. Die hier beanstandete Werbung zielt aber auf das gegenwärtige und zukünftige Verhalten der angesprochenen Interessenten für neu anzuschaffende oder allenfalls zu erhaltende oder zu ersetzende Heizsysteme ab.
Richtig ist zwar, dass nach wie vor in der Fernwärmeförderung ein probates Mittel zur Verringerung der allgemeinen Feinstaubbelastung gesehen wird, weil die Fernwärmeerzeugung in den Ballungszentren, insbesondere unter Berücksichtigung von Müllverbrennungsanlagen sowie Kraft-Wärme-Kopplungen, mit relativ geringer (zusätzlicher) Feinstaubbelastung verbunden ist. Nicht unberücksichtigt darf aber im Rahmen eines Systemvergleichs bleiben, dass die in Österreich keineswegs unbedeutende Fernwärmeerzeugung aus Biomasse (bescheinigt sind immerhin 46 % des Gesamtfernwärmeaufkommens) eine gegenüber Erdgas- oder Heizöl extraleicht-Brennwertheizungen wesentlich höhere Feinstaubbelastung bewirkt. Dieser Aspekt ist der beanstandeten Werbung nicht zu entnehmen und macht deren Aussage somit irreführend unvollständig.
Zusammenfassend ist laut OGH festzuhalten, dass der dem Beklagten obliegende Beweis bzw die Bescheinigung der Richtigkeit seiner undifferenzierten und vereinfachenden Werbeaussage sowohl was die Behauptung der eigenen Spitzenstellung („KEINSTAUB“) anlangt, als auch im Vergleich mit Einzelheizungen unter Heranziehung fossiler Brennstoffe misslungen ist. Unter beiden Gesichtspunkten ist die Werbeaussage unzutreffend bzw irreführend, weil unvollständig. Die beanstandete Werbung versucht einem vor die Wahl des Heizsystems gestellten Interessenten unter dem Aspekt der Vermeidung von Feinstaub nahezulegen, einen Fernwärmeanschluss anzustreben und von der Installation einer Einzelheizung unter Verwendung fossiler Brennstoffe Abstand zu nehmen. Die Wahl des Fernwärmeanschlusses mag tatsächlich die Feinstaubbelastung verringern oder vermeiden, wenn die zur Verfügung gestellte Fernwärme aus einer großstädtischen Anlage im Zusammenhang mit Müllverbrennung, Kraft-Wärme-Kopplung, industrieller Abwärme oder sonstiger feinstaubgünstiger Erzeugung stammt. Die Aussage der beanstandeten Werbung trifft aber nicht zu, wenn die Fernwärme etwa aus Biomasse gewonnen wird.
Nutzen Sie die Vorteile einer Mitgliedschaft bei der ÖVMitgliedsvorteile
Aufsätze und Entscheidungen mit Anmerkungen von Experten
jährlich 6 HefteAbo Bestellung bei ManzEditorial/Inhalt aktuelle Ausgabe
09.04.2025
WKO, Rudolf Sallinger Saal, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 WienMehrBericht vergangenes Seminar