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Der Einwand eines älteren ausländischen Rechts im österreichischen Gemeinschaftsmarken-Verletzungsstreit02.06.2016

OGH, 27.1.2016. 4 Ob 183/15p – Duff Bier, zusammengefasst von Alexander Schnider, Partner bei GEISTWERT Rechtsanwälte (auf Klägerseite am Verfahren beteiligt)

Für Homer Simpson ist Duff Bier „die Ursache – und die Lösung – aller Probleme im Leben“. Die von der Twentieth Century Fox Film Corporation (Klägerin) seit 1989 produzierte Zeichentrickserie „Die Simpsons“ ist damit seit mehr als 26 Jahren „on Air“; sie und ihre Charaktere sind laut OGH fast weltweit bekannt. In der Serie wird das fiktive Duff Bier als klassisches Durchschnittsbier für den Durchschnittsamerikaner porträtiert. Das Bier zählt zu den treuesten Wegbegleitern der Bewohner von Springfield, dem Wohnsitz der Familie Simpson und ist wie folgt gestaltet:

Die Klägerin ist unter anderem Inhaberin einer Gemeinschaftswortbildmarke (nunmehr: Unionswortbildmarke), die für „Bier“ registriert ist und das in der Serie verwendete Duff Logo wie folgt widerspiegelt („Klagsmarke“):

Die Klägerin hat die Klagsmarke im Zuge eines Vergleiches von einem ehemaligen Geschäftspartner bzw dem vormals designierten Gründungspartner der Beklagten erhalten.

Die beklagte Deutsche Gesellschaft bediente sich einer österreichischen Brauerei, welche das „Duff“ Bier in Österreich gebraut, in Dosen abgefüllt, der Beklagten nach Deutschland geliefert und auf ihrer eigenen Facebook-Seite beworben hatte. Die gegen die österreichische Brauerei geltend gemachten Ansprüche wurden bereits vor der erstinstanzlichen Entscheidung im EV-Verfahren verglichen.

Im EV-Verfahren hat sich die deutsche Beklagte auf ihre deutsche nationale Wortbildmarke berufen, welche sie bereits im Jahr 1999 in der folgenden Gestaltung unter anderem für „Bier“ registrieren ließ; diese deutsche Marke genießt gegenüber der Klagsmarke die Priorität:

In der Sache selbst machte die Beklagte damit den Einwand gemäß Art. 99 Abs 3 GMV (nunmehr: UMV) und damit den Einwand geltend, dass die Klagsmarke aufgrund eines älteren nationalen Rechts für nichtig erklärt werden könnte.

Folglich hat die Klägerin ihre Ansprüche auf das Gebiet der Republik Österreich eingeschränkt zumal zB Eisenführ/Schennen mit Blick auf dieses Szenario die Meinung vertreten, dass der der Einwand eines älteren ausländischen Rechts „sinnlos“ wäre und nur insofern Erfolg haben könnte, „wie sich das Territorium des älteren Rechts und das der Klagsansprüche überschneiden.“ (Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung – Kommentar4 (2014), Rn 11 zu Artikel 99 GMV).

Der OGH erteilte dieser Lehrmeinung unter Berufung auf (i) Grüger in Beck'scher Online-Kommentar MarkenR Art 99 GMV Rn 17, (ii) Knaak, Die Rechtsdurchsetzung der Gemeinschaftsmarke und der älteren nationalen Rechte, GRUR Int 1997, 864, 868f sowie (iii) Marx, Deutsches, europäisches und internationales Markenrecht² Rn 1190, nunmehr eine Absage, nachdem das HG Wien die beantragte EV vollinhaltlich und das OLG Wien im überwiegenden Ausmaß erlassen hatten. Laut OGH verlange es nämlich das Einheitlichkeitsprinzip der GMV (UMV), dass die Gemeinschaftsmarke (Unionsmarke) ein in allen Mitgliedstaaten geltendes Recht sei, dem als relatives Eintragungshindernis alle älteren nationalen Marken und sonstigen Kennzeichenrechte von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung entgegengehalten werden können sollen. Die Durchsetzbarkeit der Rechte aus der Gemeinschaftsmarke soll laut dem OGH daher davon abhängen, dass solche älteren nationalen Rechte der Gemeinschaftsmarke (Unionsmarke) eben nicht entgegengehalten werden können. Die österreichischen Gerichte müssen deswegen auch die Wirkungen älterer Rechte anderer Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaftsmarke prüfen, sodass es auf eine Überschneidung zwischen dem (eingeschränkten) Territorium, für welches die Ansprüche geltend gemacht werden, und dem Territorium nicht ankommt, in dem das ältere nationale Recht belegen ist.

Ein älteres nationales (Kennzeichen-) Recht – wie zB eine ältere deutsche Marke oder auch nur ein sonstiges, unregistriertes Kennzeichenrecht, das nicht nur von bloß örtlicher Bedeutung ist – stand im vorliegenden Fall daher der Durchsetzung einer Gemeinschaftsmarke (Unionsmarke) entgegen, auch wenn diese Durchsetzung in einem anderen Mitgliedstaat und begehrt wurde; dies gilt auch für das Provisorialverfahren, da auch dort der Einwand gemäß Art 99 Abs 3 GMV (UMV) zulässig ist (vgl zB OGH, 17 Ob 22/07w – Personal-Shop; 4 Ob 239/04g – Goldhase).

Das daraus resultierende Durchsetzungsrisiko schwächt die Position von Gemeinschaftsmarken (Unionsmarken) beträchtlich und mag manche Markeninhaber sogar schockieren, selbst wenn ihnen die Konversion ihrer derartig „durchlöcherten“ Gemeinschaftsmarken freilich offensteht. Im Duff Bier Fall wurde die Konversion der Klagsmarke allerdings mit einem Löschungsantrag beim HABM (nunmehr: EUIPO) torpediert, der auf einen absoluten Nichtigkeitsgrund – nämlich auf eine angeblich bösgläubige Anmeldung der Klagsmarke – gestützt ist (Löschungsverfahren mit der Nr. 000010633 des EUIPO). Die Konversion kann in diesem Fall daher erst dann erfolgen, nachdem der Bösgläubigkeitsangriff rechtskräftig abgewehrt wurde.

Seit dem 23.3.2016 ist der Einwand eines älteren nationalen Rechts dank der novellierten Unionsmarkenverordnung allerdings schon wieder passé: Der neue Art. 99 Abs 3 UMV beinhaltet nämlich nur mehr den Einwand der mangelnden ernsthaften Benutzung, der Einwand eines älteren Rechts wurde eliminiert. Diese Entwicklung ist freilich zu begrüßen.

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[oeV_Beitrag_DUFF-Bier_31-5-2016.pdf, 425 KB]

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