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Gebrauchtsoftware-Handel nur mit Original-Datenträger20.04.2017
von Sonja Dürager, Rechtsanwältin bei bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH
Vorbemerkung
Eine Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu UsedSoft (EuGH Rs C-128/11) erfolgte mit der Entscheidung des EuGH vom 12. Oktober 2016 (Rs C-166/15, Ranks und Vasilevics). Die Judikatur zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts an Software ist nunmehr um die Facette reicher, dass die gebrauchte Software und die Lizenz daran auf dem Originaldatenträger an einen Dritten verkauft werden darf, nicht aber eine Sicherungskopie der Software.
Das Urteil des EuGH
Ausgang nahm die Vorlagefrage an den EuGH in einem Strafverfahren vor einem lettischen Gericht gegen Herrn Aleksandrs Ranks und Herrn Jurijs Vasilevics, die wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung zum widerrechtlichen Verkauf urheberrechtlich geschützter Gegenstände, weil sie über einen Online-Marktplatz etwa 3000 benutzte Kopien von Microsoft-Programmen auf Datenträgern, die keine Originale waren, verkauft haben sollen, verurteilt worden waren. Gegen das Urteil erhoben sowohl die Beschuldigten als auch die Staatsanwaltschaft Revisionsrekurs, woraufhin das Regionalgericht Riga, Strafkammer, folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte: (i) ob sich eine Person, die ein Programm mit einer gebrauchten Lizenz auf einem nicht Originaldatenträger erworben hat, auf die Erschöpfung des Weiterverbreitungsrechts einer Kopie dieses Programms gemäß Art 5 Abs 1 und Art 4 Abs 2 der RL 2009/241 berufen kann, wenn die Original-CD beim Erstkäufer, die er vom Inhaber der Rechte erworben hat, beschädigt ist, und er sie nicht mehr verwendet, und (ii) bejahendenfalls, ob diese Person dann, die Software auf einem Datenträger, der kein Original ist, weiterverkaufen darf.
Zu erwähnen ist einleitend, dass nicht geklärt wurde, ob die beiden Beschuldigten die Originaldatenträger als Erstkäufer erworben hatten oder nicht. Der daraus von Microsoft abgeleiteten Argumentation, dass der Erschöpfungsgrundsatz nur für den dem Ersterwerber verkauften körperlichen Datenträger gelte, ist der EuGH nicht gefolgt. Wohl völlig zu Recht, statuiert der EuGH dazu, dass die Erschöpfung die Programmkopie und nicht den Datenträger betrifft (vgl Rz 34). Im Weiteren begründet der EuGH seine Entscheidung, in Abkehr zum Aufbau der Vorlagefragen, mit der Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf Sicherungskopien.
Der EuGH fasst im Sinne der Judikatur zu UsedSoft zusammen, dass sich mit dem Erstverkauf eines Computerprogramms das Recht des Urhebers auf Weiterverbreitung dann erschöpft, soweit die körperliche oder unkörperliche Kopie durch ihn oder mit seiner Zustimmung verkauft wurde. Der rechtmäßige Erwerber dieser Kopie darf diese daher gebraucht verkaufen, sofern dadurch nicht das Vervielfältigungsrecht des Rechtsinhabers verletzt wird (vgl Rz 38). Die Erstellung einer Sicherungskopie auf einem Datenträger, der kein Original ist, ist prinzipiell aufgrund der in Art 5 Abs 1 und 2 der RL 91/250 ausgeführten Ausnahme vom Vervielfältigungsrecht bei Vorliegen der darin genannten Voraussetzungen zulässig.
Hierzu verteidigten sich die Beschuldigten damit, dass der Originaldatenträger beschädigt und unbenutzbar gewesen sei, und daher nur noch die Sicherungskopie weiterverkauft werden hätte können. Der EuGH erkannte dazu, dass die Erstellung dieser Sicherungskopien nur dann durch Art 5 Abs 2 RL 91/250 gerechtfertigt werden kann, wenn sie von der zur Programmnutzung berechtigten Person benutzt werden, und für die Benutzung erforderlich sind. Da diese Kopien daher nur für den Bedarf der Benutzung des Programms durch die berechtigte Person verwendet werden dürfen, dürfen diese aber auch nicht für den Weiterverkauf an einen Dritten verwendet werden (vgl Rz 43).
Der EuGH gesteht zwar weiters zu, dass die Situation des Erwerbers einer Kopie eines auf einem beschädigten oder verloren gegangenen Datenträgers gespeicherten Computerprogramms mit der Situation eines Erwerbers der Kopie eines heruntergeladenen Computerprogramms in Hinblick auf die Regeln der Erschöpfung vergleichbar sei, und dem rechtmäßigen Erwerber der erstgenannten Kopie insbesondere auch nicht jede Möglichkeit des Weiterverkaufs der benutzten Kopie genommen werden dürfte (vgl Rz 52), dennoch gelangt er zu einer anderen Conclusio als in UsedSoft. So darf der Ersterwerber zwar die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber verkaufen, doch muss für den Weiterverkauf der Sicherungskopie eines Programms, wenn der Originaldatenträger zerstört oder verloren ist, die Zustimmung des Rechtsinhabers vorliegen (vgl Rz 57).
Resümee
Sicherungskopien unterliegen daher nicht der Erschöpfung. Entscheidend ist für diese Meinung des EuGH, die Frage, ob die weitergegebene Kopie mit Zustimmung des Rechteinhabers in den Verkehr gelangt ist. Für Sicherungskopien ist das nicht selbstverständlich, weshalb sie auch nicht frei handelbar sein sollen. Verkauft werden darf daher ohne Zustimmung des Rechteinhabers nur die selbstgebrannte CD samt Lizenzschlüssel, wenn der Originaldatenträger mitverkauft wird. Existiert dieser Originaldatenträger nicht mehr, darf zwar der Lizenzschlüssel mit Sicherungskopie weiterhin vom Ersterwerber verwendet werden, allerdings ist ein Weiterverkauf untersagt.
Insgesamt hat das Urteil eine für den Handel mit Gebrauchtsoftware wichtige Klarstellung, nämlich, dass nur vom Hersteller bezogene Kopien bzw Originaldatenträger, nicht aber vom Nutzer gefertigte Sicherungskopien gehandelt werden dürfen.
1 Die Richtlinie 2009/24, die am 25.5.2009 in Kraft trat, hat die Richtlinie 91/250 aufgehoben. Da allerdings die Taten zwischen dem 28.12.2001 und dem 22.12.2014 begangen worden sein sollen, war die RL 91/250 maßgebend (vgl Rz 18, EuGH Rs C-166/15).
[x-Website_oeV-Gebraucht_Microsoft_170326_002.pdf, 108 KB]
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