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OGH zur Patentierbarkeit von softwarebezogenen Erfindungen16.04.2017

Von Marc Keschmann, Haffner & Keschmann Patentanwälte

Computerprogramme „als solche“ sind vom Patentschutz ausgeschlossen. Softwarebezogene Erfindungen sind jedoch patentierbar, wenn ihnen ein technischer Charakter innewohnt. Der OGH (-> 4Ob94/16a) hatte anlässlich eines Einspruchsverfahrens Gelegenheit dieses Technizitätserfordernis näher zu beleuchten. 

Das beeinspruchte Patent betraf ein Verfahren, bei welchem Daten in einer Daten- und einer Indexstruktur einer Datenbank unter Verwendung einer Stromchiffrierung verschlüsselt gespeichert werden. 

Der OGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, die an Entscheidungen des EPA anknüpfend davon ausging, dass ein Computerprogrammprodukt dann nicht unter das Patentierungsverbot falle, wenn es beim Ablauf auf einem Computer einen weiteren technischen Effekt bewirke, der über die gewöhnliche Wechselwirkung zwischen dem Programm (Software) und dem Computer (Hardware) hinausgehe. Die Beurteilung der Technizität von Computerprogrammen habe nach dem Ganzheitsgrundsatz zu erfolgen, weshalb der technische Charakter der Lehre in seiner gesamtheitlichen Beurteilung aller für die Erfindung wesentlicher Merkmale gesucht werden müsse. Es sei ein von der jüngeren Rechtsprechung anerkannter Grundsatz, dass für die Beurteilung der Patentierbarkeit nach der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln zu fragen sei. Maßgebend sei dabei, ob die Lehre bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Lösung eines über die Datenverarbeitung hinausgehenden technischen Problems diene.

Weiters betonte der OGH, dass das Erfordernis der Technizität von der Frage der Neuheit bzw des erfinderischen Schritts strikt zu trennen sei. Für das Technizitätserfordernis sei es unerheblich, ob der Gegenstand einer Anmeldung neben technischen Merkmalen auch nicht‑technische Merkmale aufweist. Die Patentierbarkeit setzt die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln voraus.

Mit dieser Entscheidung darf davon ausgegangen werde, dass die bisher eher restriktive Praxis des österr. Patentamts bei der Patentierung softwarebezogener Erfindungen gelockert und der Standard bei der Prüfung des Technizitätserfordernisses an denjenigen des europäischen Patentamts herangeführt wird. 

Beitrag von Marc Keschmann, Haffner & Keschmann Patentanwälte

[OGH_zur_Patentierbarkeit_von_softwarebezogenen_Erfindungen.pdf, 72 KB]

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