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ALAI Kongress 2017: Bericht - Urheberrecht-Thema „Sein oder Nichtsein“13.06.2017

Der alljährliche internationale Kongress der ALAI fand vom 18. bis 19. 5. 2017 in Dänemarks Hauptstadt statt.

Nach einleitenden Worten durch Rosenmeier (Københavns Universitet), Präsident der gastgebenden Landesgruppe der ALAI sowie Gotzen (Université catholique de Bruxelles),Präsident der Association Littéraire et Artistique Internationale (ALAI) und Woods (WIPO), wurde der inhaltliche Teil eröffnet.

 

Den ersten Block („Die traditionellen Begründungen für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“) eröffneteGinsburg (Columbia University, NY), als internationale Reporterin, mit einem geschichtlichen Rückblick auf ein Privileg des Papsts für einen Stadtplan von Rom von Antonio Tempesta 1593, um sich mit dem Zweck des Urheberrechts in den nationalen Rechtsordnungen auseinanderzusetzen. Mit der Entwicklung der verwandten Schutzrechte befasste sich Davies (Barrister), wobei sie den Fokus auf die internationalen Abk und die RL der EU legte; Lomothe-Samson berichtete von der kanadischen Rsp, wobei zB der OGH von Kanada entschied, dass die Übernahme der Tinte von einem Poster auf eine Leinwand ohne Zustimmung des Urhebers möglich war. Gliha (Sveučilište u Zagrebu) berichtete von der Entwicklung des Urheberrecht in den kommunistischen Staaten, va in Kroatien, und Quaedvlieg (Radboud-Universität Nijmegen) von jener in den Niederlanden.

Den zweiten Block („Wirtschaftliche Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte“) leitete Strowel (Université Saint-Louis und Université catholique de Louvain) mit statistischen Daten ein, Goldstein (Stanford University) zählte rechtsdogmatische Begründungen auf, während Rosen (Stockholms universitet) va den Investitionsaspekt betonte. Cuntz (WIPO) berichtete wie sich sinkende Einnahmen der Musikbranche auf die einzelnen Beteiligten, insb Urheber und ausübende Künstler auswirken, wogegen sich Shapiro (RA) mit der Finanzierung von Filmen befasste. Van Gompel (Institute for Information Law, Amsterdam) setzte sich mit den Vor- und Nachteilen von auf Empirie bzw auf Rechtsdogmatik basierenden Ansätzen auseinander. Abschließend stellte Towse (Bournemouth University) klar, dass zu zahlreichen urheberrechtlichen Themen kaum eindeutige Daten erhoben werden können.

Im dritten Block („Individuelle und kollektive Lizenzierung als Mittel zur Verbesserung der Funktionsweise und Akzeptanz von Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“) schilderte Gervais (Vanderbilt Law School, USA) als internationaler Reporter den Begriff der Verwertungsgesellschaften in den einzelnen Rechtsordnungen und deren jeweiligen Rechtsrahmen. Zapata López (Universidad Nacional de Colombia) ging nicht nur auf deren Entwicklung in den Entwicklungsländern, sondern auch auf deren Verhältnis zum Kartellrecht ein. Tiang (International Federation of the Phonographic Industry, Singapore) gab einen Überblick über die Rechtlage von Verwertungsgesellschaften in China, Südkorea und Japan; Visser (University of South Africa) warf Schlaglichter auf deren Lage in afrikanischen Entwicklungsländern. Suthersanen (Queen Mary University of London) kritisierte die Rechtlage bei verwaisten Werken und forderte für diese eine internationale Datenbank bei der WIPO. Mariscal (RA) berichtete vom Konflikt zw kollektiver Lizensierung durch Verwertungsgesellschaften und individueller durch die einzelnen Rechtsinhaber. Danach stellte Riis (Københavns Universitet) das Modell der „erweiterte Kollektivlizenz“ der skandinavischen Staaten vor.

Den abschließenden Block („Allgemeine Tendenzen und zukünftige Entwicklungen“) leitete Seignette (RA) ein, welche die Tendenz zur stärkeren Haftung von Internet Service Providern begrüßte. Sirinelli (Université Sorbonne) beklagte die geringe Vergütung der Rechteinaher bei YouTube und sprach sich für eine intensivierte Verfolgung illegaler Inhalte aus. Ercolani (Società Italiana degli Autori ed Editori) beschreibt die abnehmende Akzeptanz sozialer Programme der italienischen Verwertungsgesellschaft SIAE durch die Bezugsberechtigten aufgrund der Verlagerung des Musikkonsums von nationaler hin zu anglo-amerikanischer Musik. Gliha (Sveučilište u Zagrebu) sprach sich für einen Ausbau des Urhebervertragsrechts aus. Abschließend berichtete Fredenslund (RettighedsAlliancen), die für eine Vereinigung gegen Piraterie arbeitet, vom sog „dänischen Modell“ des Blockings Websites: Die Vereinigung führt mit jeweils einem der Internet Service Provider einen Musterprozess, wobei die jeweiligen Entscheidungen ebenso  von den anderen Internet Service Provider umgesetzt werden. Seit kurzem ist es in Dänemark nicht nur möglich, gegen bestimmte einzelne oder mehrere Domain Names vorzugehen, sondern auch gegen bestimmte Serviceangebote, unabhängig davon, unter welchem Domain Name diese angeboten werden.

Danach schloss der Präsident Gotzen die Tagung, an der ca 220 Personen teilnahmen. Sie fand ihren Abschluss mit dem obligatorischen Galadinner, dieses Mal in einem Aufnahmestudio im Konzerthaus Kopenhagens.

Nächstes Jahr findet der Kongress vom 12. bis 14. 9. 2018 in Montreal statt und wird sich mit dem Rechtsmittel und -behelfen im Urheberrecht auseinandersetzen.

Bericht von Christian Handig, Wirtschaftskammer Wien

[Bericht_ALAI_2017_oeV.pdf, 86 KB]

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