Stellungnahme der Österreichischen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (Referent Rainer Schultes)
Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Österreichische Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht nimmt zu diesem Entwurf einer Norm wie folgt Stellung.
Wir begrüssen die Bemühungen des Austrian Standards Institute auch für die wichtige Patentbewertung eine ÖNorm zu schaffen.
Nach Durchsicht des vor allem betriebswirtschaftlichen Vorschlages zur Ö-Norm A 6801 für Verfahren zur Patentbewertung nehmen wir wie folgt Stellung und dürfen im Folgenden einige Anmerkungen aus patentrechtlicher Sicht anbringen:
Zu 2.2 – „Anmerkung“:
Der Begriff Wirksamkeit ist im Patentrecht bereits mehrfach besetzt. Wir schlagen vor, die Anmerkung wie folgt zu ändern: „Das Gebrauchsmuster unterscheidet sich vom Patent auch durch einen kürzeren Prüfungsprozess und die Neuheitsschonfrist von sechs Monaten.“
Zu 2.9:
Die Einschränkungen auf zukünftige Wertschöpfung und eingeschränkte Halte- und Handelbarkeit im zweiten Absatz sind nicht unbedingt nötig. Wir schlagen daher vor, den Absatz wie folgt zu ändern: „Immaterielle Vermögensgegenstände sind Quellen möglicher ökonomischer Wertschöpfung und haben keine körperliche Substanz und können von einem Unternehmen gehalten und gehandelt werden“.
Zu 3.1 letzter Absatz:
Patente können durch einen Wettbewerbsvorsprung/ Lizenzeinnahmen einnahmenseitig die Beträge erhöhen.
Zu 6.1 erster Aufzählungsstrich:
Der Bewerter sollte im Punkt Eigentümerschaft und Nutzungsrecht auch das Vorliegen von Diensterfindungen bzw. Lizenzen berücksichtigen.
Zu 6.2
Vierter Aufzählungsstrich: Der Bewerter sollte nicht nur den Nachweis einer konkreten Verletzung, sondern ob die Nachweisbarkeit einer Verletzung gegeben ist, berücksichtigen („Nachweisbarkeit einer Verletzung möglich“).
Der 6. Aufzählungsstrich (Lebenszyklus) würde besser zu Absatz 6.3 „Marktaspekte“ passen. Klarstellend könnte er lauten: „Lebenszyklus der Technologie im Markt bis zur voraussichtlichen Ablösung durch Neues.“
Zu 8.4.1.2 „Patent-Cashflows“:
Der Wert eines Patentes besteht nicht nur in den zusätzlich generierten Netto-Zahlungsströmen, sondern kann auch in der Vermeidung von Aufwenden liegen, indem es etwa für Kreuzlizenzen oder als Sperrpatent zur Verfügung steht. In die Bewertung könnte daher ein Alternativverlauf ohne Patent einfließen.
Im Absatz „Lizenzpreisanalogie“ wird (noch) auf Marken statt auf Patente Bezug genommen.
Zu 8.4.2:
Problem des Marktvergleichsverfahrens wird das Fehlen entsprechender Daten zum Vergleich bzw. die Schwierigkeit in der Sammlung dieser Daten sein.
Zu 8.4.3 Kostenverfahren:
Die Entwicklungskosten spiegeln nicht immer den Patentwert wieder, insbesondere dann nicht, wenn die Entwicklung der Erfindung nicht linear verläuft oder Patentbündel zur Anmeldung kommen. Zu hinterfragen erscheint der letzte Absatz, wonach die unterschiedlichen Methoden des Kostenverfahrens in der Regel die Untergrenze des Werts des Patents darstellen sollen.
Anhang A, Berechnungsbeispiel, Seite 16:
Der letzte Satz im ersten vollständigen Absatz („bisher wurden weder Patente auf dieses technologische Know-How zur Anmeldung beim Patentamt gebracht.“) dürfte unvollständig sein. Möglicherweise kann man auf ihn ganz verzichten.
Seite 16, drittletzter Absatz (Lizenz-Cash Flows):
In der derzeitigen Fassung erscheint der drittletzte Absatz, der Abschlag auf die Lizenzgebühren nicht nachvollziehbar.
Anhang B:
Ein Hinweis auf die Rechtsbeständigkeit eines Patentes kann auch darin liegen, dass es bereits im Verletzungsverfahren „überlebt“ hat. Der erste Frageblock des Fragenkatalogs (wie ist der Rechtsstand der Patentfamilie) sollte daher wie folgt ergänzt werden: „war das Patent bereits Gegenstand eines Verletzungsverfahrens?“
Fragenblock „Sind Einspruchsverfahren bzw. Gerichtsverfahren (Verletzungsverfahren/ Nichtigkeit) in den patentierten Bereich üblich?“, Seite 19:
Gerichtsverfahren werden gerade dann geführt, wenn ein Patent einen relevanten Wert besitzt. Das Verletzungsverfahren üblich sind ist unserers Erachtens daher ein Hinweis auf einen hohen Patentwert, seltene Einsprüche und Verletzungsverfahren (im Entwurf unrichtig als „Verletzungsgefahren“ bezeichnet) können dagegen ein Hinweis auf einen geringen Wert sein. Hier sollte daher die Reihenfolge der Fragen umgekehrt werden.
Frageblock „Sind patentverletzende Nachahmungen leicht herzustellen?“, Seite 20:
Dieser Frageblock führt im Ergebnis zu einer Begünstigung des (geheimen) Know-Hows gegenüber einem Patent.
Anhang C:
Die Aufzählung sollte ergänzt werden um die „Inanspruchnahme einer Diensterfindung“
Sonstige Tippfehlerberichtigungen:
Vorwort letzter Absatz „Externen Dienstleistern“,
Seite 14 letzter Textabsatz „eines vermögensspezifischen Zuschlages“
Generell ist zu bemerken, dass der vorliegende Entwurf erneut die Frage aufwirft, warum immaterielle Vermögensgegenstände gemäß IAS 38 nur dann bilanziert werden dürfen, wenn sie käuflich erworben wurden (vgl. 8.1).
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Meyenburg eh
Präsident
Mag. Hannes Seidelberger eh
Generalsekretär
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