Bei einem Verkauf von mehreren Waren über eine Online-Plattform kommt es laut EuGH vor allem darauf an, ob dies planmäßig erfolgt und damit Erwerbszwecke verfolgt werden, wobei sich im Einzelfall noch weitere Abgrenzungskriterien ergeben.
Im aus Bulgarien stammenden Ausgangsfall ging es um vorgebrachte Verstöße gegen Verbraucherschutzrecht beim Verkauf einer gebrauchten Armbanduhr über eine Online-Plattform. Die Verkäuferin wehrte sich gegen die Geldbußen der bulgarischen Kommission für Verbraucherschutz mit dem Hinweis, dass sie keine Gewerbetreibende sei, worauf der EuGH angerufen wurde.
Das europäische Höchstgericht hielt dazu fest, dass die Eigenschaft als Gewerbetreibender im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) voraussetzt, dass die Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit oder im Namen oder mit Auftrag eines entsprechenden Gewerbebetreibenden handelt. Dabei ist der Begriff "Gewerbetreibender" in Abgrenzung zum Begriff "Verbraucher" zu beurteilen (EuGH 4.10.2018, C-105/17 - Kamenova).
Allein die Tatsache, dass eine Person auf einer Online-Plattform wie im konkreten Fall acht neue und gebrauchte Waren zum Verkauf anbietet, kann für sich genommen noch nicht ausreichen, um den Anbieter als Gewerbetreibenden einzustufen. Ein solches Angebot stellt nur dann eine Geschäftspraktik dar, wenn im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit gehandelt wird, was anhand aller relevanten Umstände im Einzelfall zu prüfen ist.
Im Einzelnen ergeben sich laut EuGH folgende Abgrenzungskriterien zwischen Unternehmer und Verbraucher:
- Erfolgt der Verkauf über die Online-Plattform planmäßig?
- Werden mit diesem Verkauf Erwerbszwecke verfolgt?
- Verfügt der Verkäufer über Informationen oder technische Fähigkeiten hinsichtlich der zum Verkauf angebotenen Waren, über die der Verbraucher nicht notwendigerweise verfügt?
- Hat der Verkäufer eine Rechtsform, die ihm die Vornahme von Handelsgeschäften erlaubt?
- In welchem Ausmaß hängt der Online-Verkauf mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Verkäufers zusammen?
- Ist der Verkäufer mehrwertsteuerpflichtig?
- Erhält der Verkäufer, wenn er im Auftrag eines anderen Gewerbetreibenden oder über Dritte auftritt, eine Vergütung oder Erfolgsbeteiligung?
- Erwirbt der Verkäufer neue oder gebrauchte Waren zum Zweck des Wiederverkaufs?
- Verleiht der Verkäufer auf dieser Weise seiner Tätigkeit eine gewisse Regelmäßigkeit, Häufigkeit und/oder Gleichzeitigkeit?
- Sind die zum Verkauf gestellten Waren alle gleichartig oder haben sie denselben Wert?
- Konzentriert sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren?
Dabei sind diese angeführten Kriterien nach der klaren Aussage des EuGH weder abschließend noch ausschließlich. Der Umstand, dass eines oder mehrere von ihnen erfüllt sind, reicht für sich genommen noch nicht aus, um allein dadurch die Eigenschaft als Gewerbetreibender zu begründen.
Zusammenfassend ist damit entschieden worden, dass der Verkauf mehrerer Artikel auf einer Online-Plattform nicht automatisch ein Handeln als Gewerbetreibender mit den dadurch verbundenen Pflichten bedeutet. Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, die anhand von objektiven Kriterien vorzunehmen ist. Das entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des OGH und des BGH dazu.
Laut OGH ist bei der Abgrenzung von privaten und gewerblichen Angeboten auf einer Online-Auktionsplattform das für eine unternehmerische Tätigkeit geradezu typische Zusammenspiel von Einkauf, Bearbeitung und Verkauf entscheidend. Dies weist auf ein methodisches Vorgehen hin und erfordert sowohl eine Organisation (Koordination von Einkauf, Administration und Verkauf sowie Überwachen der Gebote auf der Auktionsplattform) als auch eine Betriebsstätte (Lager, eventuell auch Werkstatt) und Betriebsmittel. Eine solche Tätigkeit ist bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht mit der Auflösung einer privaten Sammlung oder bloßen „Liebhaberei“ gleichzusetzen, sondern stellt ein Handeln als Unternehmer dar.
Im konkreten Fall lagen diese Voraussetzungen laut OGH bei dem Anbieter eines „Bastlerautos“ vor, welcher regelmäßig als Kfz-Verkäufer und Käufer auf eBay tätig war. Damit finden auch die für Fernabsatzgeschäfte geltenden Regelungen der §§ 5a-5i KSchG Anwendung. Weiters führt der OGH aus, dass die Zahl der (hier mit 11 pro Monat relativ geringen) Bewertungen für sich allein noch nicht auf das Nichtvorliegen einer gewerblichen Tätigkeit schließen lässt, womit auch der unverbindliche Richtwert einer Plattform hier bei eBay von 100 Bewertungen pro Monat rechtlich nicht relevant ist (OGH 15.1.2013, 4 Ob 204/12x – Bastlerauto).
Der deutsche BGH hält in gleicher Weise fest, dass die Frage, ob ein Anbieter von Waren auf einer Internetplattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, aufgrund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dazu können wiederholte, gleichartige Angebote, gegebenenfalls auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige so genannte Feedbacks und Verkaufsaktivitäten für Dritte zählen (BGH 4.12.2008, I ZR 3/06 – Ohrclips).
Mag. Hannes Seidelberger, Geschäftsführer Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb
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