Auch wenn im Modehandel „Einbuchstabenmarken“ üblich sind, besteht Verwechslungsgefahr, wenn die wesentlichen grafischen Gestaltungselemente übernommen werden.
OGH: Zur Verwechslungsgefahr von Wort-Bild-Marken im Modehandel
Auch wenn im Modehandel „Einbuchstabenmarken“ üblich seien, bestehe Verwechslungsgefahr, wenn die wesentlichen grafischen Gestaltungselemente übernommen werden (OGH 25.9.2018, 4 Ob 66/18m – „M“-Wortbildmarke).
Die Inhaberin (Antragstellerin) der (Unions-)Wort-Bild-Marke [1]
(registriert für die Nizza-Warenklasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen) brachte beim österreichischen Patentamt einen Widerspruch gegen die Registrierung folgender Wort-Bild-Marken ein: [2] und [3]
Ein Mitbewerber (Antragsgegner) hatte diese Marken für dieselbe Nizza-Warenklasse registrieren lassen.
Das Patentamt und das Rekursgericht (OLG Wien) gaben dem Widerspruch statt. Die Registrierung der beiden Marken wurde wegen Verwechslungsgefahr mit der Marke der Antragstellerin aufgehoben. Der OGH bestätigte diese Entscheidung.
In seinem Beschluss vom 25.9.2018, 4 Ob 66/18m – M, hielt der OGH zunächst fest, dass der Großbuchstabe M im Modebereich regelmäßig als abgekürzte Größenangabe für die Größe „Medium“ verwendet werde und daher der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke (als beschreibend) nicht für sich, sondern nur in Zusammenschau mit seiner graphischen Gestaltung Kennzeichnungskraft haben könne. Durch die Übernahme des nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteils aus einer Wortbildmarke könne Verwechslungsgefahr nicht abgeleitet werden, sondern nur aus der Übernahme der bildlichen Gestaltung ganz oder in ihren charakteristischen Elementen, sodass eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuG zu originär kennzeichnungskräftigen Buchstaben (T-193/12, „H“; T-425/12, „e“; T-531/12, „T“ T-521/15, „D“) dahingestellt bleiben könne.
Ob zwischen den Bildelementen zweier Wortbildmarken Verwechslungsgefahr bestehe, sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu berücksichtigen seien die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren, wobei stets der Gesamteindruck der Marke maßgeblich und die dominierenden Zeichenbestandteile besonders zu berücksichtigen seien. Entscheidend sei die Wirkung auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungsart, der die Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die Einzelheiten achtet.
Zwar sei richtig, dass der Grad der Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers von der Art der Ware oder Dienstleistung abhänge. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Verbraucher beim Kauf von Bekleidung stets eine besonders hohe Aufmerksamkeit aufwenden würden, bestehe aber nicht. Es sei weiters auch richtig, dass nach BGH I ZR 50/11, Bogner B (= GRUR 2012, 930) Verbraucher an Einbuchstabenmarken im Bekleidungssektor gewöhnt seien und daher Unterschiede in der grafischen Gestaltung wesentlich stärker zu berücksichtigen seien (Rn 51, 54). Allerdings sei es dort um die originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft des Buchstabens selbst gegangen, die hier nicht vorliege. Bei nicht kennzeichnungskräftigen Buchstaben gelte nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu schwachen Kennzeichen, dass bereits geringe Unterschiede in der grafischen Gestaltung die Gefahr von Verwechslungen beseitigen können.
Im vorliegenden Fall hätten die angegriffenen Marken die wesentlichen grafischen Gestaltungselemente der Widerspruchsmarke übernommen, nämlich die Darstellung des sich perspektivisch nach rechts hin verjüngenden M im dunklen Kreis. Die Abweichung in der Schriftart trete demgegenüber in den Hintergrund und habe daher das Rekursgericht im Hinblick auf die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren die Verwechslungsgefahr vertretbar bejaht.
Betreffend die zweite angegriffene Marke (mit dem Zusatz „Martini Sportswear Austria“) stellte der OGH fest, dass bei vollständiger Aufnahme einer registrierten Marke in eine andere Marke auch dann Ähnlichkeit anzunehmen sei, wenn in letzterer noch weitere Bestandteile vorhanden sind. Der OGH habe diese Rechtsprechung auch in Fällen angewandt, in denen die Marke nur in ihren prägenden Bestandteilen und damit im Kern unverändert in ein anderes Zeichen übernommen wurde (17 Ob 16/07p; vgl auch OPM Om 1/10, Polaris). Dort habe es sich zwar um Marken mit originärer bzw durch Benutzung erworbener durchschnittlicher Kennzeichnungskraft gehandelt. Auch bei schwachen Zeichen gelte jedoch nichts anderes, wenn diese innerhalb der Aufnahmsmarke eine selbständig kennzeichnende Stellung behalten und sich durch ihre Position im Zeichen oder durch ihre Größe der Wahrnehmung der Verbraucher aufdrängen und sich in sein Gedächtnis einprägen.
[OGH_25.09.2018_4Ob6618m_WortBildMarke_M.pdf, 10 KB]
[OGH_25.09.2018_4Ob6618m_WortBildMarke_Widerspruch_M.pdf, 10 KB]
[OGH_25.09.2018_4Ob6618m_WortBildMarke_Widerspruch_Martini.pdf, 9 KB]
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