[EDITORIAL] von Helmut Gamerith:
Künftige Auswirkungen der „Fußballer des Jahres“-Rechtsprechung?
Von Helmut Gamerith
Die problematische „Schwarze Liste“ der RL-UGP (Anhang I) ist jetzt nicht mehr neu, aber ihre Auswirkungen zeigten sich erst deutlich mit dem Fall „Fußballer des Jahres“. Der OGH hat auf die Vorabentscheidung des EuGH (ÖBl 2011/21, 91) rasch reagiert und in der E „Fußballer des Jahres IV“ (ÖBl 2011/26, 115) ausgesprochen, dass das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben aufgrund richtlinienkonformer Auslegung des § 9 a Abs 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig ist, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. In diesem eingeschränkten Umfang bleibe § 9 a Abs 1 UWG auch im „B2C“-Bereich formal anwendbar; eine Aufhebung durch den Gesetzgeber würde aber nichts am Ergebnis der durch den Senat ermittelten Rechtslage ändern. Der Senat hat diese Rechtslage inzwischen auch in der E 4 Ob 36/11 i, Gesundheitsbibliothek, ÖBl-LS 2011/56, berücksichtigt und einen weiteren Fall (4 Ob 154/10 s, Totalabverkauf, ÖBl-LS 2011/58), der nicht das Zugabenrecht, sondern die Auslegung der §§ 33 aff UWG (verbotene Ankündigung des Ausverkaufs) betraf, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Obwohl nicht anzunehmen ist, dass andere Gerichte von der durch die EuGH-E geschaffenen objektiven Rechtslage, die über den Ausgangsrechtsstreit hinaus bindende Wirkung hat (zuletzt 4 Ob 6/11 b), abweichen, ist Österreich verpflichtet, § 9 a Abs 1 Z 1 UWG aufzuheben. Das gilt auch für den letzten Satz des § 9 a Abs 1 UWG, der Umgehungstatbestände betrifft und sich auch auf Z 1 bezieht. Wie der OGH ausgesprochen hat, erstreckt sich die Zulässigkeit unentgeltlicher Zugaben umso mehr auf entgeltliche Koppelungsangebote etc (4 Ob 34/11 w, Treuepunkteaktion II, ÖBl-LS 2011/57, 69, 73).
§ 9 a Abs 1 Z 2 Satz 1 UWG ist von der E des EuGH nicht betroffen, da das Zugabenverbot zwischen Unternehmern keine unlautere Geschäftspraktik ist, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher berührt. Dennoch sollte auch dieses Verbot aufgehoben werden, weil seine strengere Fassung durch das WettbDerG 1992 damit begründet wurde, zu verhindern, dass Großunternehmen ihre Marktmacht zur Erzwingung von Zugaben missbrauchen und darauf gestützte Unterlassungsansprüche seither kaum an die Gerichte herangetragen wurden. Da sich dieses Verbot nicht gegen die Täter, sondern gegen die Opfer wendet, sollte es allenfalls durch entsprechende kartellrechtliche Sanktionen ersetzt werden. Infolge der Liberalisierung des Zugabenverbots sind auch die bisherigen Ausnahmebestimmungen des § 9 a Abs 2 UWG praktisch fast gegenstandslos. Ihre Anwendung kommt auf irreführende, aggressive oder sonst unlautere Zugaben nicht in Frage. Problematisch kann allerdings der Entfall der Wertgrenze sein, bis zu der bisher bei Gewinnspielen Preise ausgespielt werden durften, zumal sie jetzt auch neben periodischen Druckwerken gewährt werden dürfen. Sollte die Liberalisierung die Medienvielfalt gefährden, müssten kartellrechtliche Sanktionen überlegt werden.
Aufgehoben werden sollte als typisches „Gefährdungsverbot“ auch § 9 c UWG, wonach die Ausgabe bestimmter Einkaufsausweise und der Verkauf von Waren gegen deren Vorlage untersagt ist, weil es im Einzelfall schwierig sei, nachzuweisen, ob der Einkaufsausweis tatsächlich eine Begünstigung vermittelt oder nur vortäuscht; ferner der Restbestand des 1992 in Bezug auf den sonstigen Inhalt der damaligen Regelung aufgehobenen § 28 UWG, der seither bedeutungslos ist, und schließlich § 30 UWG (Verbot des Hinweises auf eine Konkursmasse beim Verkauf von Waren), der zwar in Bezug auf Art 28 EGV (jetzt Art 34 AEUV) als zulässige Verkaufsmodalität anerkannt wurde (ÖBl 2004/43, 165), aber in Anhang I der RL-UGP nicht aufscheint.
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