[EDITORIAL] von Christan Schumacher
"E-Commerce law 2.0"
Am 23. 12. 1998 legte die EK ihren Vorschlag für die RL des EP und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt (KOM/98/0586 endg – COD 98/0325) vor, welche am 8. 6. 2000 vom EP und Rat erlassen wurde (E-Commerce RL 2000/31/EG). Als die EK den Vorschlag vorlegte, war Google gerade aus dem Studentenwohnheim der Gründer in sein erstes Büro übersiedelt, als Suchmaschinen verwendete man eher Yahoo und Altavista, als Browser vielleicht noch Mosaic oder Netscape Navigator und von YouTube (gegründet 2005, 2006 gekauft von Google) und Social Media wie Facebook (gegründet 2004) und Twitter (gegründet 2006) war noch keine Rede. E-Commerce spielte sich wohl va über eBay ab und auf Websites, auf denen Unternehmen ihre Produkte bloß präsentierten (auch wenn erste Online-Käufe über einen Internet-Shop mit Kreditkarte in den USA bereits auf 1994 datiert werden).
Nicht lange zuvor, es muss 1995 gewesen sein, stieg ich selbst erstmals im Computerraum einer Universität ins Internet ein, fasziniert von der Möglichkeit, den Bibliothekskatalog einer US-amerikanischen Universität von Österreich aus einsehen zu können. Ich kann mich an eine Liste erinnern,die die kleine Zahl der österr Webservervollständig auflistete, über welche man zB auf die Website des Standards gelangen konnte, einem Pionier der österr Medien im Internet (das Forum für Kommentare der User gab es dann ab 1999).
Nun, also 25 Jahre nachdem das Internet begann Bedeutung in der Allgemeinheit zu erlangen, welche in den letzten15–20 Jahren ganz massiv wurde, legt die EK den Vorschlag einer Verordnung vor, womit der Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen weiterentwickelt werden soll (Digital Services Act, 2020/0361/COD). Dabei sollen die – gerade im gewerblichen Rechtsschutz wesentlichen – Bestimmungen zur Haftungsbeschränkung von Service-Providern nun im Verordnungsrang, also mit direkter Wirkung in den MS, modernisiert werden; ferner sollen alle Service-Provider eine rechtliche Repräsentanz in der EU und Host-Provider Mechanismen für die Einmeldung von Rechtsverletzungen durch Dritte, sowie größere Plattformbetreiber zusätzlich ein Beschwerdemanagement einrichten müssen.
Dieses Projekt kommt sicherlich nicht zu früh: Aufgrund der Notwendigkeit physischer Distanz in der Corona-Pandemie ist seit März 2020 die digitale Kommunikation aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken; waren Videocalls bis Februar 2020 die Ausnahme (und bei den meisten der Calls waren Teilnehmer mit der Technik noch nicht wirklich vertraut), sehen heute Omas oder Opas ihre Enkerln regelmäßig und geübt digital und sogar VolksschülerInnen bekamen einen eigenen Account, damit im Lockdown ein Kontakt in den Schulklassen aufrechtbleibt. In dieser Zeit haben wir alle Digitalisierung und E-Commerce verinnerlicht. Dabei überrascht es aber weiterhin, dass Tools wie qualifizierte elektronische Signatur weitaus unbekannt oder der verschlüsselte Versand von E-Mails noch selten sind. Aber auch so grundlegende Rechtsfragen wie das auf typischerweise weltweit abrufbare Veröffentlichungen anwendbare Recht sind in der Praxis selbst nach so langer Zeit noch sehr unsicher. Hier gilt es, noch bald die Gewohnheiten zu ändern bzw konkretere Leitlinien der Rechtsprechung zu etablieren.
Christian Schumacher
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