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Wie absolut ist ABSOLUT?08.10.2021

Absolute Vorsicht bei Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren – vom Schutzumfang bekannter Marken und der notwendigen Deckung von Beseitigungsansprüchen im Unterlassungsbegehren.

Von Alexander Schnider, Partner bei GEISTWERT Rechtsanwälte

Besprechung der Entscheidung OGH, 20.4.2021, 4 Ob 19/21d – Absolut

In seiner Entscheidung zur Geschäftszahl 4 Ob 19/21d hatte sich der OGH nicht nur wieder einmal mit dem grundsätzlichen Schutzumfang bekannter Marken, sondern auch damit zu beschäftigen, dass ein Beseitigungsbegehren (hier: Löschung von bestimmten Domains) seine Deckung im entsprechenden Unterlassungsbegehren haben muss, was insbesondere dann zu beachten ist, wenn ein Unterlassungsbegehren bereits teilweise rechtskräftig zugesprochen und teilweise rechtskräftig abgewiesen wurde.

Als Inhaberin der bekannten ABSOLUT-Marken (registriert insbesondere in der Klasse 33 für Wodka) nahm die Klägerin die Betreiberin eines Schneeparks für Schi- und Snowboardfahrer unter anderem auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch, welche die Zeichen ABSOLUT PARK und ABSOLUT SCHOOL für eben diesen „Winterpark“ und eine Schischule sowie das Zeichen ABSOLUT SHOP für einen Webshop verwendete, in dem sie Textilien und Schlüsselanhänger als Merchandise verkaufte.

Vereinfacht gesprochen begehrte die Klägerin von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung des Zeichens ABSOLUT im geschäftlichen Verkehr, und zwar in Alleinstellung und/oder mit bestimmten (beschreibenden) Zusätzen, wie etwa „PARK“, „SCHOOL” und/oder „SHOP”, und/oder mit einer bestimmten graphischen Gestaltung, welche sich an die optische Gestaltung der bekannten ABSOLUT-Marken anlehnt. Darüber hinaus erhob die Klägerin auch ein Beseitigungsbegehren gegen bestimmte Internetdomains, wie etwa absolutpark.com, absolutschool.at und sowie gegen die Facebook-Seiten facebook.com/AbsolutPark und facebook.com/absolutschool.

Das Berufungsgericht erwog jedoch, dass der Beklagten die Verwendung des Zeichens „absolut“ nicht schlechthin, sondern nur insofern verboten werden könnte, als es sich in seiner grafischen und konzeptionellen Gestaltung an die bekannten Marken der Klägerin anlehnt, was die von § 10 Abs 2 MSchG geforderte gedankliche Verknüpfung mitsamt einer daraus resultierenden Ausnutzung der Unterscheidungskraft zur Folge hat. Das auf die Unterlassung der allgemeinen Verwendung des Zeichens ABSOLUT in Alleinstellung wies es demzufolge ab, und diese Abweisung wurde mangels weiterer Anfechtung durch die Klägerin rechtskräftig. Insofern hatte der OGH also auch mit Blick auf das Beseitigungsbegehren keinen Handlungsspielraum mehr. Dem Beseitigungsbegehren betreffend die Domains absolutpark.com, absolutschool.at sowie die Facebook-Seiten facebook.com/AbsolutPark und facebook.com/absolutschool gab das Berufungsgericht indes statt.

In seiner rechtlichen Beurteilung festigte der OGH seine bisherigen Ansichten zum Schutz von bekannten Marken: Ausgehend vom angesprochenen Verkehrskreis von Wintersportlern im Alter von 16 bis 25 Jahren kam er zunächst zum Schluss, dass zu diesem Verkehrskreis auch solche Personen gehören, die zumindest gelegentlich (harten) Alkoholika wie insbesondere Wodka konsumieren. Anlässlich der vollständigen Übernahme der klägerischen ABSOLUT-Marke in die beanstandeten Zeichen mitsamt ihrer bloßen Kombination mit anderen beschreibenden Zusätzen urteilte der OGH folgerichtig, dass die Beklagte mit Hilfe der bekannten ABSOLUT-Marke die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich und ihr Angebot zieht und dadurch einen Kommunikationsvorsprung erzielt, ohne dafür einen Rechtfertigungsgrund anbieten zu können bzw artikuliert zu haben. In einem Nebensatz bekräftigt der OGH überdies einmal mehr, dass zwischen einer originären und einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft kein Unterscheid besteht.

Damit hätte der OGH zumindest auf den ersten Blick wohl das gesamte Berufungsurteil bestätigen müssen – das Beseitigungsbegehren wurde allerdings abgewiesen, weil es sozusagen Opfer der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung des Unterlassungsbegehrens seitens des Berufungsgerichts geworden war: Das Berufungsgericht gab unter Abweisung des Mehrbegehrens dem Unterlassungsbegehren ja nur insoweit Folge, als es der Beklagten untersagte, das Zeichen in einer bestimmten graphischen Gestaltung zu benutzen – eine solche ist aber bei reinen Domainnamen (nicht: Domain-Inhalten!) jedoch gar nicht möglich. Anders gesagt, und zwar mit den Worten des OGH: Weder das bloße Halten einer Domain noch ihre Benützung unterliegt dem Verbot der Beklagten, den Begriff „ABSOLUT“ in einer konkreten graphischen Gestaltung zu verwenden; die klägerischen Marken sind aufgrund des bereits rechtskräftigen Teils der Berufungsentscheidung nach keiner der geltend gemachten Ansprüche dagegen geschützt, als Bestandteil einer Domain genutzt zu werden. Daraus folgt, dass auch kein markenrechtlicher Anspruch auf Löschung der Domain bestehen kann.

Es ist daher absolut darauf zu achten, dass ein Beseitigungsbegehren im Unterlassungsbegehren seine volle Deckung findet, und dies gilt insbesondere bei Teilabweisungen im Instanzenzug.

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