[EDITORIAL] von Christan Schumacher
"Klarheit, bitte!"
Nachdem im Jahr 2019 die RL über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt (DSMRL) veröffentlicht wurde, habe ich an dieser Stelle (ÖBl 2019/4) ua darauf hingewiesen, dass der österr Gesetzgeber im Urhebervertragsrecht (nach einer Diskussion mit allen betroffenen Kreisen) vorhersehbare und rechtssichere Abgrenzungen auszuarbeiten hat. Nun ist am 1. 1. 2022 die Urheberrechts-Nov 2021[1] in Kraft getreten, womit die DSMRL – wie in vielen anderen MS mit Verspätung – ins österr Recht umgesetzt wurde.
Der nicht durch die RL vorgegebene, neue § 24 c UrhG wird ua mit „Zweckübertragungsgrundsatz“ übertitelt; danach bestimmt sich nach dem von beiden Vertragspartnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Verwertungsarten sich eine Werknutzungsbewilligung oder Einräumung eines Werknutzungsrechts erstreckt, sofern die Verwertungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet werden. Bei den in der Praxis ständig vorkommenden kleineren oder größeren Werkaufträgen sollte man nun noch mehr veranlasst sein, den Zweck eines umfassenden „Ankaufs“ zur uneingeschränkten Verwendung etwa einer grafischen Gestaltung eines Produkts oder einer Werbung ausdrücklich festzuhalten. Ansonsten würde man durch eine sich später möglicherweise als unvollständig erweisende Aufzählung von „Verwertungsarten“ Rechtsunsicherheit riskieren – Rechtsstreite nach vielen Jahren darüber, inwieweit eine Rechteeinräumung besteht, sind ja nicht erstrebenswert.[1] Wenn sich hier eine ergebnisorientierte Praxis etabliert und die pragmatische Rsp fortsetzt,[2] hätte man Rechtssicherheit geschaffen. Nicht durchdacht scheint mir dagegen der dritte Satz der Bestimmung zu sein, wonach „der Zweckübertragungsgrundsatz“ bei Werken im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Verhältnisses nicht zur Anwendung kommen solle, hat doch die Rsp diesbezüglich gerade auf den Zweck des Arbeitsvertrags abgestellt.[3]
Ein schillerndes Beispiel für vermeidbare Rechtsunsicherheit ist allerdings, dass sich die längst überfällige ausdrückliche Ausnahme (freie Werknutzung) für „Karikaturen, Parodien und Pastiches“ in § 42f UrhG nur auf eine Sendung oder Zurverfügungstellung „über eine große Online-Plattform“ bezieht. Eine Begründung dafür lässt sich den Erläut5) nicht entnehmen. Vielmehr wird darauf verwiesen, dass der bisherigen Rechtfertigung der Parodie durch die Rsp als freie Bearbeitung nunmehr EuGH C-476/17, Pelham, entgegensteht. Selbstverständlich besteht eine Ausnahme für Parodien etc auch außerhalb großer Online-Plattformen, weil grundrechtlich geboten – auch wenn die InfoRL hier nur (aber doch) eine fakultative Ausnahme vorsieht. Bis der OGH (oder der EuGH) ein Machtwort spricht, wird man Rechtssuchende damit verunsichern müssen, dass entgegen dem Wortlaut des neuen § 42f UrhG die Ausnahme für Parodien etc auch außerhalb großer Online-Plattformen gelten muss und selbst wir Juristen uns nicht erklären können, wie es zum Wortlaut der Gesetzesbestimmung kam. Im Bereich von Parodie und Satire hat das natürlich einen Chilling Effect, der Künstler von legitimen und grundrechtlich gerechtfertigten Werken abhalten könnte (weil sie es nicht als Teil ihrer Tätigkeit sehen, zur Klärung von Rechtsunsicherheiten beizutragen).
Christian Schumacher
[1] BGBl I 2021/244
[1] Illustrativ OGH 4 Ob 159/99g, Zimmermann FITNESS, ÖBl 2000/130 (Kucsko).
[2] Bei Auftragswerken ist von einer schlüssigen Rechteeinräumung zur Verwendung im Rahmen des Auftragszwecks auszugehen; Büchele in Kucsko/Handig, urheber.recht2 § 24 Rz 24 mwN.
[3] Vgl nur OGH 4 Ob 248/07 k,Internetportal V, ÖBl 2009/6, 40 mwN.
Nutzen Sie die Vorteile einer Mitgliedschaft bei der ÖVMitgliedsvorteile
Aufsätze und Entscheidungen mit Anmerkungen von Experten
jährlich 6 HefteAbo Bestellung bei ManzEditorial/Inhalt aktuelle Ausgabe
09.04.2025
WKO, Rudolf Sallinger Saal, Wiedner Hauptstraße 63, 1040 WienMehrBericht vergangenes Seminar