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Bewerbung eines angeblich kostenlosen Mobiltelefons ist Täuschung10.03.2022

Der OGH bewertete eine Ankündigung für ein Gratis-Handy, für welches ein höherer Monatstarif im Vergleich zum Tarif ohne Handy zu bezahlen ist und eine 2-jährige Mindestvertragszeit als Bedingung vorgesehen ist, als irreführende Geschäftspraktik. Was als unentgeltlich beworben wird, muss auch tatsächlich ohne Kosten bzw. Folgekosten sein.

Im gegenständlichen Streitfall klagte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) einen Anbieter von Kommunikationsdienstleistungen, der unter anderem Mobiltelefone und 5G-Tarife mit und ohne Mindestvertragsdauer anbietet. Bei ansonsten identen Leistungsparametern gibt es Tarife ohne Hardware und solche mit inkludiertem Smartphone, bei welchen die monatliche Grundgebühr jeweils 10 bis 15 Euro höher ist als bei den Tarifen ohne Hardware. In Werbungen etwa in Fernsehspots, Zeitungsinseraten und Plakaten des beklagten Kommunikationsdienstleisters wurden 5G-Tarife mit einem € 0-Smartphone angepriesen. Im Kleingedruckten wurde auf eine Mindestvertragsdauer von 24 Monaten verwiesen.

Der OGH hatte sich in dieser Causa im Wesentlichen mit dem Unterlassungsbegehren bezüglich der Bewerbung eines Mobiltelefons um null Euro zu befassen. Zum vermeintlich kostenlosen Mobiltelefon stellte das Höchstgericht zunächst fest, dass die unionsrechtlich bedingte grundsätzliche Zulässigkeit von Zugaben- und Koppelungsangebote zwar korrekt ist, jedoch im gegenständlichen Fall nicht von Relevanz sei. Denn das Klagebegehren ziele nicht darauf ab, die Beigabe von Hardware zu Kommunikationsdienstleistungsverträgen zu verbieten, sondern darauf, diese Hardware unzutreffend als kostenlose Teilleistung darzustellen.

Ebenso nicht vergleichbar ist der vorliegende Fall mit früheren höchstgerichtlichen Entscheidungen zur Zulässigkeitsfrage von Koppelungen von Mobiltelefon und Nutzungsvertrag, nicht nur wegen des aufgehobenen Zugabenverbots, sondern auch aufgrund der unterdessen veränderten Marktsituation, in der es nunmehr gleichermaßen üblich ist, Mobiltelefone ohne Netznutzungsvertrag zu kaufen und zu verkaufen (etwa zur Nutzung mit Wertguthaben oder als Ersatz für defekte oder veraltete Geräte) oder aber reine Telekommunikationsverträge abzuschließen, weil die nötige Hardware bereits vorhanden ist.

In der Sache selbst sieht der OGH eine unzulässige irreführende Geschäftspraktik nach UWG Anhang Z 20, welcher als Teil der sogenannten schwarzen Liste die Beschreibung eines Produktes als „gratis“, „umsonst“ „kostenfrei“ oder ähnlich untersagt, obwohl der Umworbene weitergehende Kosten als die Kosten zu tragen hat, die im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik und für die Abholung oder Lieferung der Ware unvermeidbar sind.

Gratisankündigungen werden durch diese Bestimmung nicht ausnahmslos verboten. Solange die Inanspruchnahme eines Angebots tatsächlich(!) keine Kosten verursacht, steht es Unternehmern auch künftig frei, unter Beachtung der sonst geltenden lauterkeitsrechtlichen Schranken mit Aussagen zu werben, die auf die Unentgeltlichkeit hinweisen. Als „Kosten“ gelten dabei laut OGH auch vergütungspflichtige Folgeverpflichtungen (wie kostenpflichtige Abonnements, Mitgliedschaften) oder, wie im gegenständlichen Fall, entgeltliche Vertragsbindungen. Durch den Tatbestand der schwarzen Liste unberührt bleiben jene Koppelungsangebote bzw. Gesamtangebote (zB „buy two, get one free“), bei denen ein Teil als Gratisleistung beworben wird. Dabei wird der Unternehmer in aller Regel eine Mischkalkulation vornehmen. Dies erfüllt den Tatbestand noch nicht, weil ansonsten Gratisangebote kaum möglich wären.
Verboten sind jedoch „im Gesamtangebot versteckte Kosten“, wenn der Unternehmer bei einer Werbung für „kostenlose“ Zugaben oder Teilleistungen gleichzeitig den Preis für die Hauptware erhöht oder die Qualität der Hauptware senkt, ohne dies kenntlich zu machen (vgl 4 Ob 148/10h).

Im vorliegenden Sachverhalt ist nach Ansicht des OGH der Tatbestand des UWG Anhang Z 20 verwirklicht, da hier die in allen anderen Parametern identischen Telekommunikationstarife mit und ohne Hardware zu verschiedenen monatlichen Preisen angeboten werden, wodurch das Mobiltelefon für die Kunden nicht kostenlos ist, sondern unter Berücksichtigung der Mindestvertragsdauer mindestens 240 Euro kostet. Die Bewerbung des Mobiltelefons als „gratis“ ist laut OGH unter diesen Umständen jedenfalls unzulässig.

Quelle zur Entscheidung:
RIS: Judikatur, Justiz, Geschäftszahl 4Ob102/21k vom 16.12.2021 (www.ris.bka.gv.at)

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