Der OGH bekräftigt die jüngere Rechtsprechung, wonach Angebote, bei denen eine größere Ersparnis durch eine höherwertige Nebenware im Vergleich zur Hauptware nicht unlauter sind, wenn keine weiteren Umstände wie etwa Elemente der Druckausübung hinzutreten.
Im gegenständlichen Streitfall prozessierten zwei Medieninhaber von Tageszeitungen. Das beklagte Medienunternehmen gewährte den Abonnenten in seiner „Vorteilswelt“ rund 80 Angebote mit Spielen, Kleidungsstücken, Haushaltsgeräten etc., welche in der Tageszeitung präsentiert werden. Voraussetzung für die Vorteilsangebote zum „BonusPreis“ sind die Abonnements von Medienprodukten der Beklagten.
Ohne Abonnements von Medienprodukten können die Angebote ebenso erworben werden, allerdings zu einem gegenüber dem „BonusPreis“ zumeist höheren „Gastpreis“ sowie gegen Ersatz der Versandkosten, welche beim „BonusPreis“ von den Abonnenten nicht eingehoben wird. Nur beim Erwerb von sämtlichen angebotenen Waren kann ein Abonnent eine Gesamtersparnis von 353,07 Euro erreichen.
Die angebotenen Abonnements der Beklagten kosten monatlich ab 19,80 Euro; ein dreimonatiges Digital-Abo kostet insgesamt 13,90 Euro und berechtigt ebenfalls zur Inanspruchnahme der Vorteilsangebote. Die Klägerin begehrte, dass der Beklagten das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Vorteilen, insbesondere von Ersparnissen von zumindest 353,07 Euro beim Erwerb von Waren und Dienstleistungen untersagt werden möge, sofern für die Erlangung dieser Vorteile der Abschluss eines Zeitungsabonnements notwendig ist und der Vorteil den Abonnementpreis bei weitem übersteige. Besondere Umstände, die eine unlautere Geschäftspraktik im Sinne der Rechtsprechung begründen könnten, lägen nicht vor. Die Vorinstanzen wiesen dieses Begehren ab.
Der OGH hält zum gegenständlichen Fall fest, dass – in Abkehr von der älteren Rechtsprechung – die neuere Judikatur aus dem Umstand, dass bei einem kopflastigen Vorspannangebot die Ersparnis bei der Nebenware höher ist als der Preis der Hauptware, für sich allein nicht die Unlauterkeit dieser verkaufsfördernden Maßnahme begründet. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände (Elemente der Druckausübung) können solche Angebote nicht unter den Tatbestand der aggressiven Geschäftspraktik fallen. Zur ausdrücklichen Verneinung eines Verstoßes gegen § 1a UWG wird auf die OGH-Entscheidung 4 Ob 129/13v verwiesen (siehe ebenso 4 Ob 100/13d und 4 Ob 84/12z).
Laut OGH liegt auch kein Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 Abs 1 Z 2 UWG vor. Insbesondere ist die Geschäftspraktik nicht geeignet, eine rationale Entscheidung des Verbrauchers auszuschließen. Wenn der Verbraucher (nur) an der Nebenware Interesse hat und bereit ist, für die damit verbundene Ersparnis auch die Hauptware zu beziehen, handelt er sogar höchst rational.
Es schadet nach den Ausführungen des OGH für sich allein auch noch nicht, dass sich der Verbraucher dazu aus „sachfremden“, also nicht in der Qualität der Hauptware liegenden Gründen dazu entscheidet. Es sei laut OGH zweifelhaft, den Unlauterkeitsvorwurf (allein) darauf zu stützen, dass die Maßnahme den alleinigen Zweck in einer kurzfristigen Auflagensteigerung gehabt hätte.
Quelle zur Entscheidung:
RIS: Judikatur, Justiz, Geschäftszahl 4Ob139/21a vom 22.9.2021 (www.ris.bka.gv.at)
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