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Editorial und Inhalt

ÖBl [2023] 5 Seiten 185 - 232

[EDITORIAL] von Reinhard Hinger
"Milano Moda"


Inhalt [.pdf]

Milano Moda

Zweimal im Jahr findet die Mailänder Modewoche „Milano Moda“ statt. Dazu zwei (und ein paar weiterführende) à propos:

 À propos Mailand

Wegen des Brexits wurde das Übk über das Einheitliche Patentgericht (UPC) im vereinfachten Verfahren geändert.[1] Dazu ist der Verwaltungsausschuss (administrative committee) gem Art 87 ermächtigt, wenn das Übk mit einem internationalen Vertrag oder mit dem Unionsrecht in Einklang zu bringen ist. Ein solcher Beschluss wurde am 26. 6. 2023 gefasst. Nicht in London, sondern in Mailand wird nun (neben Paris und München) ein Sitz der Zentralkammer sein (Änderung von Art 7 Abs 2). Dieser Beschluss wird wirksam, wenn kein Vertragsstaat innerhalb von zwölf Monaten erklärt, durch den Beschluss nicht gebunden sein zu wollen.

Auch die Zuständigkeiten laut Annex II des Übk wurden neu gefasst. Die Chemie (und das Hüttenwesen) wurden von Mailand (ex London) nach München verschoben, und alle ESZ-Streitigkeiten werden in Paris konzentriert. Wie sinnvoll die Trennung der Chemie von den ESZ ist, lässt sich vorerst schwer beurteilen.

À propos Mode

Für den UPC gibt es jetzt auch eine Kleiderordnung,[2] die nicht nur die Talare der Richter:innen beschreibt, sondern auch den Parteienvertreter:innen die Kleidung während der Verhandlungen vorschreibt. Rechtsanwält:innen tragen das Amtskleid, das in ihrem Heimatstaat vorgeschrieben ist (was den Österreicher: innen einen Freiraum schafft, denn hier gibt es keine Pflicht zum Tragen eines Talars). Europäische Patentanwälte:innen tragen das Kleid, das vom EPA vorgeschrieben ist. Wenn keine Dienstkleidung vorgeschrieben oder vorhanden ist, gilt: „Geschäftskleidung“ („business attire“, „tenue de ville“). Was dieser unbestimmte Gesetzesbegriff meint, unterliegt vielleicht der Klärung durch das Berufungsgericht.

À propos Benehmen

In der Zwischenzeit gibt es auch den Code of Conduct, den der Verwaltungsausschuss auf Vorschlag des advisory committee erlassen hat.[3] Er ist sehr detailliert; hier nur zwei Aspekte: Freundschaft und Feindschaft bewirken den Anschein der Befangenheit – doch nur, wenn die Freundschaft „eng“ oder die Feindschaft „schwer“ ist.[4]

Bedeutsamer ist der Tatbestand, der den Pharmaziebereich betrifft: „Zweifel [an der Unbefangenheit] können insb entstehen, wenn die Richter oder die Firma, für die sie tätig sind, regelmäßig oder wiederholt einen Wettbewerber einer Partei beraten oder vertreten, insb einen Wettbewerber auf einem Markt, auf dem die Patentinteressen verschiedener Gruppen von Marktteilnehmern in der Regel voneinander abweichen (zB die Interessen der Hersteller von Originalpräparaten und der Hersteller von Generika oder die Interessen von Inhabern und Nutzern standardessenzieller Patente).“[5]

Im Ergebnis dürfte das jene Patentanwält:innen, die im Pharmabereich tätig sind, vom UPC-Richteramt praktisch ausschließen.

À propos ÖBl

Unter den Entscheidungen, die in diesem Heft besprochen werden, findet sich eine des OLG Wien, die durchaus kontroversiell gesehen werden kann. Im Widerspruchsverfahren hatte sich der Inhaber der älteren ähnlichen Unionsmarke mit Erfolg auf geschützte ähnliche Dienstleistungen berufen, und die Rechtsabteilung des Patentamts hat die jüngere Marke gelöscht. Als einige Monate später über den Rekurs der Inhaberin der jüngeren Marke entschieden wurde, hatte das EUIPO genau all jene Dienstleistungen rechtskräftig gelöscht, deren Ähnlichkeit zur Löschung der jüngeren Marke geführt hat. Mit Blick auf das MSchG und die UMV, aber auch auf das AußStrG, musste das OLG entscheiden, ob und wie auf diese Änderung der Verhältnisse zu reagieren war. Lesen Sie dazu mehr auf Seite 219.

À propos 100 Jahre

So alt wird man nicht alle Tage. Vor einiger Zeit traf dies auf das B-VG zu, nun erwischt es das UWG.

Diese ÖBl-Ausgabe ist ein Geburtstagsgeschenk.



[1] www.unified-patent-court.org/sites/default/files/upc_documents/decisiond_ac_03_26062023_-amendment-upca.pdf (alle Links Stand 22. 8. 2023).

[2] www.unified-patent-court.org/sites/default/files/upc_documents/pr_decision-regarding-dress-code-of-the-upc_04042023_de.pdf.

[3] www.unified-patent-court.org/sites/default/files/upc_documents/dca_05_24042023_code-of-conduct_d_publication.pdf.

[4]Art 5 (3) d („close friendship, serious enmity“, „amitié ou inimitié sérieuse“).

[5] Art 5 (3).

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