[EDITORIAL] von Lothar Wiltschek:
Verwirrung
Von Lothar Wiltschek
Der EuGH hat – in seiner selbst gewählten Rolle als Gesetzgeber – das durchgesetzt, was in den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten (über eine VO zur Regelung von Verkaufsförderungsmaßnahmen) nicht möglich war: Ein grundsätzliches nationales Verbot von Zugaben ist gemeinschaftsrechtswidrig.
Das steht seit geraumer Zeit fest. Auch der OGH hat schon vor einiger Zeit ausgesprochen, dass das Ankündigen, Anbieten und Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern nur dann unzulässig ist, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist (vgl dazu bereits das Editorial von Gamerith in ÖBl 2011, 97).
Dennoch steht § 9 a UWG bis heute unverändert im Gesetz. Das führt in der Praxis zu erheblicher Verwirrung bei Gerichten und Rechtsberatern.
Nur ein Beispiel:
Ein Möbelhändler hat Zugaben angekündigt, deren Wert nach dem Einkaufswert gestaffelt war. Bei einem Einkauf im Wert von E 50.000,– erhielt der Käufer einen Kleinwagen um E 11.800,– gratis dazu.
In einem dagegen gerichteten Verfahren wurde diese Ankündigung – unter Berufung auf die „berufliche Sorgfalt“ – vom Erstgericht mit EV als unlauter untersagt. Die Oberinstanzen beurteilten die Ankündigung als zulässig.
In einem anderen Verfahren wurde die Aktion vom Rekursgericht „im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern“ verboten, weil die Ankündigung des Möbelhändlers keinen Unternehmer ausnehmenden Disclaimer enthielt. (Die Entscheidung des Höchstgerichts in dieser Sache steht noch aus.)
Nach dieser Auslegung müssten zB Zeitungen, die auf der Titelseite ein Gewinnspiel ankündigen, ausreichend deutlich darauf hinweisen, dass an diesem Gewinnspiel nur Verbraucher teilnehmen dürfen, nicht aber – beispielsweise – Ärzte oder Cafetiers, die eine solche Zeitung in ihrem Wartezimmer oder im Kaffeehaus auflegen; denn Unternehmer sind offenbar erheblich schutzbedürftiger als Verbraucher.
Auch wenn § 9 a UWG nach Ansicht des OGH gemeinschaftsrechtskonform lesbar sein könnte, wäre dem Gesetzgeber iS der Rechtstransparenz zu danken, wenn er bei nächster Gelegenheit § 9 a UWG ersatzlos aufhebt, ohne über Wünsche nach weiteren Änderungen des Gesetzes zu verhandeln. Gerichte und Rechtsberater wären froh über den Entfall dieser Grundlage für Verwirrung, möglicherweise wäre eine Befassung des VfGH mit § 9 a UWG entbehrlich (weil der gemeinschaftsrechtswidrige Teil nach wie vor im Gesetz steht und der gemeinschaftsrechtskonforme Teil gleichheitswidrig sein könnte), und das Editorial könnte sich endlich mit anderen Themen als mit dem Zugabenrecht befassen.
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