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Editorial und Inhalt

ÖBI [2025] 2 Seiten 49 - 96

[EDITORIAL] von Reinhard Hinger
"Paläste!


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Paläste

Paläste

REINHARD HINGER

ÖBl 2025/14

Nyons Kennen Sie Nyons? Diese kleine Stadt liegt im Süden Frankreichs, und sie hat mindestens zwei Sehenswürdigkeiten – eine mittelalterliche Steinbrücke über den Rhône-Zufluss Eygues und diesen famosen Justizpalast:

Quelle: RH

Beim Abschied[1] vom Arbeitsplatz im großen Wiener Justizpalast erinnerte ich mich wieder an jenen viel kleineren in Nyons und vor allem an die sympathische wie spannende Nachbarschaft zur Musikschule. Erlauben Sie daher bitte, dass dieses Editorial das Spielfeld des gewerblichen Rechtsschutzes verlässt und noch kurz in Nyons und bei dieser Nachbarschaft der Institutionen verweilt.

Kunst oder Wissenschaft?

Plötzlich war nämlich die Frage da: Hat man in Nyons einfach nur erkannt, dass das Recht eher eine Kunst ist – gleich der Musik – als eine Wissenschaft? Lassen sich diese Ausprägungen des menschlichen Geistes denn vergleichen? Lassen sie sich unterscheiden? Sind sie ähnlich – vielleicht gar so ähnlich, dass Verwechslungsgefahr besteht? Lassen sich all diese Fragen überhaupt erschöpfend beantworten?

Das sind Überlegungen, die unweigerlich auf den Pfad des Markenrechts führen, der bekanntlich von den drei Laternen „Unterscheidungskraft“, „Verwechslungsgefahr“ und „Erschöpfung“ beleuchtet wird.

Die Verwandtschaft von Musik und Recht erforschend kommt ein hörbarer Grundsatz der Musik in den Sinn, schon jeder Anfängerin, jedem Anfänger bekannt: „Wichtig ist zwar, was du spielst; aber noch wichtiger ist, was du nicht spielst!“ Diese Anleitung nützt auch im Rechtsleben, zumindest erleichtert sie es, beim Thema zu bleiben, und sie schützt in Schriftsätzen, Aufsätzen und Entscheidungen vor Wiederholungen, Mäandern, obiter dicta und dreistelligen Fußnoten.

Handwerk

Geduldige Mitmenschen ließen sich auf die Frage „Kunst oder Wissenschaft“ ein, und die Kunst holte ziemlich auf. Eine kluge Kollegin war dabei die erste, die überzeugend einen dritten Aspekt ins Spiel gebracht hat, nämlich das Handwerk.

Fürs erste ergibt sich somit – passend im Johann-Strauss-Jahr – ein eleganter Dreivierteltakt: Zuerst wissen, was man will; danach es umsetzen können; und sodann beim Gegenüber auch gewinnend und überzeugend ankommen.

Eine Redaktionskollegin hat dazu Kurt Tucholsky zitiert: Juristerei ist keine Wissenschaft. Sie ist bestenfalls ein Handwerk. Aber Richten und Entscheiden ist oft mehr: das ist eine Kunst.

Meine Berufslaufbahn, die nun ex post als eine künstlerische Laufbahn erscheint, ist vorbei; das „i.R.“ lässt sich so elegant anfügen wie nachgestellte akademische Titel. Nicht vorbei ist die Tätigkeit im Team der ÖBl, und auch beim ÖBl-Seminar am 9. 4. 2025 gibt es ein Wiedersehen.



[1] Vgl Art 88 Abs 1 B-VG iVm § 99 RStDG.

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